Volltext: Der Weltkrieg der Dokumente

Deutschlands Vereinsamung. 1902—1914 
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men. Wir müssen uns aber hüten, die Ursachen unseres Verhältnisses 
zu England auf einem falschen Terrain zu suchen, und sollen ver 
suchen, den Argwohn und die Beunruhigung, welche unsere Flotte 
in England erzeugt, durch die Anbahnung eines vertrauensvollen 
und freundschaftlichen politischen Verhältnisses zwischen beiden 
Ländern auszugleichen. Gelingt dies während der nächsten Jahre 
nicht, so wird die Lage infolge der Erstarkung unserer Flotte noch 
gespannter und gefährlicher werden, denn so stark wird sie auch 
in zehn Jahren nicht sein, daß der Engländer sich unbedingt vor ihr 
beugen muß 1 .“ Dieses Urteil des Grafen Metternich ist in den 
kommenden Jahren durch die Tatsachen in vollstem Umfange be 
stätigt worden. 
Der Besuch König Eduards VII. in Wilhelmshöhe bei Kaiser 
Wilhelm II. und in Ischl bei Kaiser Franz Joseph am 15. August 
bewirkte eine gewisse deutsch-englische Entspannung, wenn der po 
litische Wert dieser Begegnungen auch durch die Tatsache etwas 
herabgemindert schien, daß der König am 21. August in Marienbad 
mit Clemenceau und am 5. September mit Iswolski zusammentraf. 
Die Besserung der Beziehungen kam auch darin zum Ausdruck, daß 
England Deutschland seine Hilfe zur Verfügung stellte, um von der 
Kapkolonie aus in Deutsch-Südwestafrika, wo seit Monaten gegen 
die aufständischen Hereros gekämpft wurde, den Hottentottenhäupt 
ling Morenga unschädlich zu machen 1 2 3 . 
Vom 10. bis 18. November 1907 weilte das deutsche Kaiserpaar 
in England. Daran anschließend nahm Kaiser Wilhelm II. einen 
dreiwöchentlichen Aufenthalt in Highcliffe-Castle. Er fühlte sich 
dringend erholungsbedürftig, da ihn die äußerst peinlichen Ent 
hüllungen des Ende Oktober 1907 zum Abschluß gebrachten Pro 
zesses Moltke-Harden körperlich und seelisch stark mitgenommen 
hatten. Fast hätte er sich entschlossen, die englische Reise daraufhin 
zu unterlassen, ließ sich aber durch den König überreden, doch an 
dem Besuche festzuhalten. 
Den Kaiser begleitete auf seiner Reise der neue Staatssekretär 
des Äußeren v. Schoen. Der Reichskanzler war auf Grund einiger 
taktloser Ausfälle gegen ihn in der englischen Presse zurück 
geblieben. 
Staatssekretär v. Schoen beurteilte die Wirkungen des Kaiser 
besuches recht optimistisch 3 ; der Geschäftsträger in London v. Stumm 
warnte aber in seinem Berichte vom 25. November 1907 vor Illu 
sionen, da einem höheren Wärmegrade in den deutsch-englischen 
1 Gr. Pol. Nr. 8008. 
2 Gr. Pol. Nr. 8165. 
3 Aufzeichnung des Staatssekretärs v. Schoen. Berlin, 20. November 1907. Gr. 
Pol. Nr. 8171.
	        
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