Volltext: Der Weltkrieg der Dokumente

Das Jahr 1907 
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erhalten könne. Das Programm von 1899, persönliche Eindrücke von 
Engländern, die sie vom Ausbau der deutschen Flotte gewannen, 
und die Durchführung des deutschen Flottenprogramms bewirkten 
eine Änderung. In der englischen Presse und im täglichen Gespräch 
wurde der Gedanke erörtert, ob man nicht der deutschen Flotten 
politik Einhalt gebieten und im Weigerungsfälle die deutsche Flotte 
vernichten solle, ehe sie zu stark werde. Nach der Seeschlacht von 
Tschusima, die den Beweis dafür erbrachte, daß es nicht das Material 
allein sei, das die Schlachten gewinne, wuchs die Sorge der Eng 
länder. Man erkannte die deutsche Flotte als Machtfaktor an und 
wollte mit Dreadnoughts und Invincibles das englische Übergewicht 
unbestritten wieder hersteilen. Daß Deutschland auf diesem Wege 
folgen könne, hielt man für ausgeschlossen. 
Der Übergang zum Dreadnought-Bau mußte, wenn von diesem 
Zeitpunkte ab alle älteren Typen als entwertet galten, den bisherigen 
Vorsprung Englands zur See nahezu in Frage stellen, falls Deutsch 
land sich gleichfalls zum Bau von Dreadnoughts entschloß. Daher 
Englands Bemühungen um die Erörterung der Abrüstung auf der 
Zweiten Haager Konferenz. Die Frage des Flottenwettbewerbs 
wurde zu einer Frage der Dreadnoughts 1 . 
Mußte man nun, wie Admiral v. Tirpitz in einer Denkschrift 
vom 20. April 1907 aus Anlaß der bevorstehenden Haager Konfe 
renz über die Bedeutung des Seebeuterechts 2 ausgeführt hatte, in 
Deutschland einen Krieg mit England in Rechnung stellen? Nach 
Ansicht des Admirals v. Tirpitz wurde diese Gefahr in Deutsch 
land vielfach nicht richtig eingeschätzt. „Dieser Zustand der bestän 
digen Gefahr eines Krieges mit England, der durch irgendein poli 
tisches Vorkommnis jeden Augenblick wieder akut werden kann, 
wird erst aufhören und direkt Umschlagen in den Wunsch Englands, 
sich uns zu nähern, wenn unsere Flotte weiter erstarkt ist. Bis zu 
diesem Punkt muß unsere Flottenentwicklung geführt werden. Über 
den ganz wehrlosen Zustand, der unsere Lage in den letzten Jahren 
so besonders gefährlich machte, sind wir jetzt schon heraus, und mit 
jedem Jahr wird unsere Lage günstiger.“ 
Im Gegensätze zu Tirpitz glaubte der Botschafter Graf Metter 
nich, daß die allgemeine Beunruhigung in England mit dem Wach 
sen der deutschen Flotte zunehmen, nicht abnehmen werde. Es sei 
möglich, daß aus der Zunahme der Beunruhigung in England ent 
weder schon bald oder erst im Laufe der Jahre der aggressive Ge 
danke geboren werde, zu kämpfen, ehe es zu spät sei. „Wir sind ent 
schlossen, unsere Flotte auszubauen, und müssen daher die damit 
verbundene Gefahr eines Krieges mit England mit in den Kauf neh- * 3 
1 Gr. Pol. Nr. 7787. 
3 Gr. Pol. Nr. 8006.
	        
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