Volltext: Der Weltkrieg der Dokumente

Die Konferenz von Algeciras 
lischen Regierung betont, daß die deutsch-französische Spannung 
nachlassen möge. Die englische Regierung wünsche, in ein freund 
schaftliches Verhältnis zu Deutschland zu treten; auf der Konferenz 
aber müsse sie den französischen Standpunkt vertreten. Falls es zu 
einem Kriege zwischen Deutschland und Frankreich komme, der als 
eine Folge des englisch-französischen Abkommens erscheine, so 
würde das englische Volk eine jede englische Regierung, ob konser 
vativ oder liberal, dazu zwingen, Frankreich Hilfe zu leisten. Auf 
eine unterstützende Haltung Englands konnte also Deutschland nicht 
rechnen. Die Marokkofrage wurde in England allgemein als eine 
Kraftprobe auf die englisch-französische Entente aufgefaßt und die 
deutsche Marokkopolitik als ein Versuch, diese zu sprengen 1 . 
Metternichs Bericht stimmte den Reichskanzler ernst, denn er 
telegraphierte am 9. Januar an Metternich: „Unsere Marokkopolitik 
ist durchaus kein Versuch, die englisch-französische Entente zu 
sprengen. Die ganze Marokkofrage ist überhaupt nicht von solcher 
eminenten Wichtigkeit, als daß wir daraus vorzüglich eine Frage 
unseres Prestiges machten. Wir haben den aufrichtigen Wunsch, 
bei aller Wahrung unserer Würde wie der Frankreichs aus der Ma 
rokkokonferenz so herauszukommen, daß es weder einen Sieger 
noch einen Besiegten gibt.“ Diese Formel wurde auch von der fran 
zösischen Seite gern aufgenommen und nachdrücklich immer wieder 
in den Vordergrund der zeitweise sehr peinlich werdenden Unter 
handlungen geschoben. 
Die Konferenz in Algeciras dauerte vom 16. Januar bis zum 
7. April 1906. Geheimrat v. Holstein, mit dem der Reichskanzler alle 
Phasen der Marokkoverhandlungen eingehend besprach, und dem 
er für die dort einzuschlagende Politik einen maßgebenden Einfluß 
einräumte, nannte in einer Aufzeichnung vom 18. Januar 1906 als 
einziges Ziel der deutschen Politik, daß für Deutschland kein Grund 
vorliege, „die wirtschaftlichen Interessen und Aussichten, welche wir 
bisher in Marokko hatten, ohne weiteres den Franzosen zu opfern 1 2 “. 
Die Hauptfragen der Konferenz waren die Neuordnung der ma 
rokkanischen Polizei und die Errichtung einer marokkanischen Bank. 
In beiden Hauptpunkten suchte Deutschland die Zustimmung zu 
nächst seiner Dreibundgenossen, sodann vor allem Amerikas, zu er 
langen. Obwohl Amerika stets in höflicher Form seine Zurückhaltung 
betonte, gab man deutscherseits diese Versuche nicht auf. 
Die Hoffnung des deutschen Ersten Delegierten auf der Kon 
ferenz, des Botschafters v. Radowitz, Deutschland werde auf der 
Konferenz nicht isoliert bleiben, ging nicht in Erfüllüng. Man hat 
das offenbar in Berlin nicht rechtzeitig genug erkannt, denn in einem 
1 Gr. Pol. Nr. 6923, 6924. 
a Gr. Pol. Nr. 6953. 
16 Schwertfeger, Der Weltkrieg der Dokumente 
241
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.