Volltext: Der Weltkrieg der Dokumente

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Der Notenkampf 
bekennen; ein solches Bekenntnis wäre in meinem 
Munde eine Lüge. Wir sind fern davon, jede Verantwor 
tung dafür, daß es zu diesem Weltkriege kam, und daß er so 
geführt wurde, von Deutschland abzuwälzen. Die Haltung der 
früheren Deutschen Regierung auf den Haager Friedenskon 
ferenzen, ihre Handlungen und Unterlassungen in den tragi 
schen 12 Julitagen mögen zu dem Unheil beigetragen haben, 
aber wir bestreiten nachdrücklich, daß Deutschland, dessen 
Volk überzeugt war, einen Verteidigungskrieg zu führen, 
allein mit der Schuld belastet ist. Keiner von uns wird behaup 
ten wollen, daß das Unheil seinen Lauf erst in dem verhäng 
nisvollen Augenblick begann, als der Thronfolger Österreich- 
Ungarns den Mörderhänden zum Opfer fiel. In den letzten 
50 Jahren hat der Imperialismus aller europäischen Staaten 
die internationale Lage chronisch vergiftet. Die Politik der 
Vergeltung wie die Politik der Expansion und die Nichtach 
tung des Selbstbestimmungsrechtes der Völker hat zu der 
Krankheit Europas beigetragen, die im Weltkriege ihre Krisis 
erlebte. Die russische Mobilmachung nahm den Staatsmännern 
die Möglichkeit der Heilung und gab die Entscheidung in die 
Hand der militärischen Gewalten.“ 
Graf Brockdorff forderte sodann die Feststellung des Maßes der 
Schuld aller Beteiligten durch eine unparteiische Untersuchung, 
durch eine neutrale Kommission, vor der alle Hauptpersonen der 
Tragödie zu Worte kommen und der alle Archive geöffnet werden 
sollten. 
Nach der ersten Durchsicht der ihr überreichten Friedensbedin 
gungen erklärte die deutsche Friedensdelegation bereits am 9. Mai, 
daß die vereinbarte Basis des Rechtsfriedens darin verlassen sei. 
„Der Vertragsentwurf enthält Forderungen, die für kein Volk er 
träglich sind.“ Der Nachweis werde im einzelnen erbracht werden. 
Tags darauf erwiderte Clemenceau, die Vertreter der alliierten und 
assoziierten Mächte könnten keinerlei Diskussion über die Friedens 
bedingungen zulassen; nur auf deutsche Anregungen praktischer Art 
werde man vielleicht eingehen. 
Ihren ersten amtlichen Schritt in der Schuldfrage tat die deutsche 
Friedensdelegation am 13. Mai. In einem an Clemenceau gerichteten 
Schreiben stützte sie sich auf den Wortlaut des Artikels 231 des 
Friedensvertrages 1 und führte aus, Deutschland habe die Verpflich 
tung zur Wiedergutmachung auf Grund einer Note des Staatssekre 
tärs Lansing vom 5. November 1918 unabhängig von der Frage der 
Schuld am Kriege übernommen. Die deutsche Delegation vermöge 
nicht anzuerkennen, daß aus einer Schuld der früheren deutschen 
1 Siehe oben S. 1. 
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