Volltext: Der Weltkrieg der Dokumente

Der Neue Kurs. 1890—1901 
138 
Auch hoffte man, von einem dankbaren China die Abtretung oder 
Pachtung eines Platzes für eine Flotten- oder Kohlenstation zu er 
halten 1 . 
Unglücklicherweise befand sich damals als Vertreter Deutsch 
lands der Gesandte Frhr. v. Gutschmid in Tokio, der den Japanern 
geradezu feindlich gegenüberstand und alle ihm zugehenden Weisun 
gen seiner Regierung mit unverkennbarem Vergnügen so scharf 
wie möglich ausführte 1 2 . Bei einem gemeinsamen Schritte der drei 
Botschafter in Tokio am 23. April 1895 sprach zuerst der russische, 
dann der französische Gesandte und schließlich der deutsche, dieser 
aber in so scharfer Tonart, daß der japanische Vizeminister Hayashi 
davon ganz betroffen war. Gutschmid ging so weit, seine münd 
lichen Äußerungen noch durch eine schroffe, schriftliche Erklärung 
zu übertrumpfen. Triumphierend meldete Gutschmid nach Berlin: 
„Meine Sprache machte augenscheinlich Eindruck 3 .“ 
Deutschlands Hoffnung, durch sein Verhalten gegenüber Japan 
zu vertrauensvolleren Beziehungen mit Rußland zu gelangen und 
dadurch seine europäische Lage zu erleichtern, ging nicht in Er 
füllung. Die deutsche Politik geriet vielmehr in eine zunehmende 
Isolierung hinein und erreichte durch ihr damaliges Verhalten nur 
die Zerstörung der unzweifelhaft freundschaftlichen Empfindungen, 
die Japan damals noch für Deutschland empfand 4 . Die japanischen 
Staatsmänner erkannten noch damals rückhaltlos an, was Japan dem 
deutschen Einflüsse und im besonderen die japanische Armee der 
deutschen Ausbildung verdanke. 
Am 17. April 1895 wurde der Frieden von Schimonoseki ge 
schlossen, für Deutschland mit dem Ergebnis, daß Japan sich durch 
Deutschland um die Früchte seines Sieges gebracht wähnte. Als 
zwölf Jahre später der deutsche Botschafter Frhr. Mumm v. Schwar 
zenstein auf Grund einer Unterredung mit dem Vicomte Hayashi 
nach Berlin meldete, die damalige unfreundliche Haltung der japa 
nischen Presse gegen Deutschland stamme noch immer aus der Zeit 
von Schimonoseki, ließ der Reichskanzler Fürst Bülow im Auswärti 
gen Amt Ermittlungen darüber anstellen und auch die Botschafts 
akten in Tokio daraufhin durchsehen 5 . Als Ergebnis wurde festge 
stellt, daß das schroffe Auftreten Gutschmids tatsächlich den Absich 
ten der deutschen Regierung nicht entsprochen hat. Die Auswirkung 
der damaligen Ungeschicklichkeit eines deutschen Vertreters haben 
wir im Weltkriege büßen müssen. 
1 Gr. Pol. Nr. 2238—2240. 
2 Gr. Pol. Nr. 2243—2250. 
3 Gr. Pol. Nr. 2251. 
1 Gr. Pol. Nr. 2254—2258, 2269, 2275, 2283—2305. 
6 Gr. Pol. Nr. 2307.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.