Volltext: Der Weltkrieg der Dokumente

Die Bismarckzeit 
92 
Im April 1887 wurde es klar, daß der Zar unter keinen Um 
ständen wieder mit Österreich abschließen wollte 1 . In Wien fürch 
tete man die Verantwortung, falls die vertragsmäßige Fühlung 
mit Rußland verloren ging, und bekundete daher die Absicht, das 
Drei-Kaiser-Bündnis zu erneuern. Bismarck ließ daraufhin nach Wien 
mitteilen, daß der Zar einer Erneuerung des Bündnisses zu dreien 
abgeneigt sei 1 2 ; dem Grafen Schuwalow aber hatte er offen erklärt, 
Deutschland sei und bleibe vertragsmäßig verpflichtet, Österreich 
gegen einen Angriff Rußlands von Hause aus mit der vollen ver 
fügbaren Macht beizustehen. 
So kam es unter erheblichem Mißtrauen Bismarcks gegen Ruß 
land im Sommer 1887 zum Abschluß des sogenannten Rückver 
sicherungsvertrages. Um das Mißtrauen Rußlands zu entkräften, 
hatte sich Bismarck entschlossen, dem Grafen Paul Schuwalow am 
12. Juni 1887 von dem Inhalte des deutsch-österreichischen Ver 
trages Kenntnis zu geben. Daraufhin übersandte ihm Schuwalow am 
13. Juni den Gesamtentwurf das neuen Geheimvertrages. Bismarck 
suchte aber zu vermeiden, daß Rußland die für Deutschland aus 
dem Geheimabkommen zu erwartenden Vorteile etwa überschätzte. 
Darauf ist es auch wohl zurückzuführen, daß er schließlich die 
Vertragsdauer auf drei statt auf fünf Jahre vorschlug 3 ; zu fünf 
Jahren wäre Bismarck bereit gewesen, wenn früher und einfacher 
abgeschlossen worden wäre; die russischen Zögerungen hatten ihn 
bedenklich gemacht. „Schuwalow nahm an, daß unser Vertrags 
bedürfnis stärker sei, als es ist, und ich wünschte, ihm diese Über 
schätzung zu benehmen 4 “. 
Der noch heute in der historischen Literatur leidenschaftlich 
umstrittene Rückversicherungsvertrag vom 18. Juni 1887 5 6 bestand 
aus einem Hauptvertrage von sechs Artikeln und einem „ganz ge 
heimen Zusatzprotokoll“ von drei Punkten. Falls eine der beiden 
Mächte sich mit einer dritten Großmacht im Kriege befinden sollte, 
hatte die andere Partei eine wohlwollende Neutralität zu bewahren 
und die Lokalisierung des Streites zu versuchen. Diese Bestimmung 
sollte auf einen Krieg gegen Österreich oder Frankreich keine An 
wendung finden, falls dieser Krieg durch einen Angriff einer der 
beiden vertragsschließenden Mächte hervorgerufen wurde. 
Im zweiten Artikel erkannte Deutschland die geschichtlich er 
worbenen Rechte Rußlands auf der Balkanhalbinsel und seinen vor 
wiegenden und entscheidenden Einfluß in Bulgarien und Ostru- 
1 Gr. Pol. Nr. 1073. 
2 Gr. Pol. Nr. 1078, 1080. 
3 Gr. Pol. Nr. 1093. 
4 Randbemerkung Bismarcks zu einem Berichte des Botschafters v. Schweinitz 
vom 23. Juni 1887. Gr. Pol. Nr. 1093. 
6 Gr. Pol. Nr. 1092.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.