Volltext: Festschrift zur Eröffnung der Neubauten der Tabakfabrik Linz

und größere Fabrikkomplexe nach einem einheitlichen, zuvor überlegten Gesamtpläne 
entstehen, nach Plänen, die großangelegt auch die fernere Zukunft in Betracht ziehen, 
gleichgültig, ob das ganze Bauvorhaben zur Zeit des Beginnes oder erst später durch¬ 
geführt wird. Ein solches Planen sollte doch immer geschehen, um sich die Entwicklung 
für die weitere Zukunft nicht zu verbauen. 
Man muß nur Gelegenheit gehabt haben, Anlagen, die nach voraussehenden 
praktischen Gesichtspunkten entstanden, mit solchen, die der Zufall geleitet oder die 
nach und nach gebaut wurden, zu vergleichen und man ist dann erstaunt, wie bei 
gleichem Bauaufwand und der Verwendung gleicher Mittel so große Unterschiede, 
sowohl für den praktischen Zweck und der damit verbundenen Rentabilität als für den 
zwingenden Eindruck zugunsten der ersteren, möglich sind. 
Wenn hier von architektonischer Gestaltung bei Fabrikgebäuden gesprochen wird, 
so ist keineswegs damit gemeint, daß etwa durch Konstruktion noch durch Wahl des 
Baumaterials die geringste Verschwendung getrieben werden soll. Aber wenn wir heute 
auch Fabrikationsstätten kulturelle Bedeutung zuerkennen, so hindert doch nichts, die 
ihnen gebührende Sorgfalt und überlegende geistige Arbeit allerbesten architektonischen 
Könnens und konstruktiven Wissens zuzuwenden. 
So liegt denn, über allem Anstandsgefühl hinaus, wahrhaft in der Schaffung höherer 
Qualitätseigenschaft auch ein berechtigtes kaufmännisches Prinzip eingeschlossen. Dies 
gilt sowohl für die Gebäude selbst als auch für das Aussehen der Waren. Die Form 
und das Renommee bleiben für den Handel ausschlaggebende Faktoren. 
Ich hatte das Glück, fünfzehn Jahre künstlerisch-technischer Beirat der Allgemeinen 
Elektrizitäts-Gesellschaft in Berlin zu sein, wo ich mit dem technischen Vorstandsmitglied 
der A. E. G. in engster freundschaftlicher Fühlung arbeiten konnte. Ich erinnere mich 
gern eines Ausspruchs im oben erwähnten Sinne von ihm: „Glauben Sie doch nicht, daß 
selbst ein Ingenieur, wenn er Motoren bestellt, einen auseinandernehmen ließe und 
untersuchte; auch der Fachmann kauft nach dem äußeren Eindruck. Ein Motor muß aus- 
sehen wie ein Geburtstagsgeschenk." 
Das war ein gelegentlicher Aphorismus. 
Mit diesem Leiter des weltbekannten Unternehmens habe ich fünfzehn Jahre zu¬ 
sammen gearbeitet. Wir haben während dieser Zeit einen selten großen Fabrikkomplex 
gebaut. Er war damals mein eigentlicher Bauherr. Da zu jener Zeit es jedoch durchaus 
nicht zu den Selbstverständlichkeiten gehörte, Bauten oder Erzeugnissen der Fabrikation 
zweckmäßige, ruhige und sachliche Form zu geben, da für alles das damals noch der 
Geschmack des Werkmeisters maßgebend war, als man auch noch nicht daran dachte, 
den Drucksachen, Affichen, Katalogen ausdrucksvollen und würdigen Eindruck zu ver¬ 
leihen, der der Größe und Würde des Unternehmens entsprechen würde, ja damals 
habe ich zum ersten Male den großen Eindruck eines souveränen Bauherrn erhalten, 
dem es gelang, alle Einwände, die von vielen Seiten merkbar, oft allzu merkbar wurden, 
zu beseitigen. 
Wenn es mir gelungen ist, im Laufe der Jahre durch manche Vorschläge zum prak¬ 
tischen Nutzen beigetragen zu haben, so wäre es Undankbarkeit, nicht zu erwähnen, 
daß ich in dieser gemeinsamen Arbeit sehr viel gelernt hatte und gerade jene Erfahrun¬ 
gen gewann, die ich später bei anderen Gelegenheiten mit Erfolg verwenden konnte. 
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