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göttlich schöne Thal, damit die Stürme der Welt mit ihren Leiden—
schaften und Kümmernißen diesen Raum nicht berühren.
Im Hintergrunde, wo sich die Gebirge schließen, ließen sie in
gefühlter Anerkennung der Größe, gerade so vielen Raum, damit
der „Dachstein, mit seinen himmelanstrebenden Zacken und die ganze
Seite des „Karl-Eisfeldes“ herüber rage.
Der Dachstein, im Sonnenglanze strahlend, schien freudig be—
rührt von dem Feste, denn heiter neigte er seine riesigen Häupter in
das Thal herein. Im schönsten Grün, wie ein Smaragd, wies sich
das Eisfeld, während das Schneefeld, von der Sonne erhellt, wie
Silber erglänzte. Es war ein Anblick nie gesehener Art, ein Bild
von bezaubernder Größe und Schönheit.
Un doch — wer hätte gedacht, daß so viel Glanz und Schim—
mer so viel Schatten berge! Der unglückliche Absturz eines jungen
Mannes, welcher ein paar Tage früher erfolgte, verdüsterte wohl
mein Entzücken, und mit Wehmuth gedachte ich der Mutter, welche
mit ihrem unaussprechlichen Schmerz belastet, zurück geblieben!
Möge Gott ihr Kraft verleihen, einen so großen Verlust zu tragen!
So lebe wohl, du schöner, dunkler See, mit deinem Ernste und
behaglicher Stille, — auch ihr Felsen und Berge lebet wohl; mit
Schmerz erfüllt mich die Trennung, aber seid dessen gewiß, ich werde,
wenn das Geschick mir günstig, euch wieder sehen, und im Laufe des
Winters, wenn Schnee und Stürme an die Fenster pochen, eurer ge—
denken, damit die schönen Tage wiederholt an mir vorüber ziehen,
und mein Herz sich daran erfreue und beruhige.—