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Darstellungen von Raum und Zeit zu einem umfassenden Bild
der Welt.
7.2.1. d) Eine mögliche ikonographische Vorlage für die
Windpersonifikationen
Die ikonographische Vorlage für die
Personifikationen der Nebenwinde in der Linzer Miniatur
lieferten möglicherweise die Personifikationen der vier
Paradiesesflüsse in den allegorischen Darstellungen des
Paradieses mit dem Bild von Abrahams Schoß (Abb. 107 und
108). Diese bewegten Männchen sind meist nackt oder nur
mit Tüchern bekleidet und leeren wie die
Windpersonifikationen in Linz 490 Wasser aus bauchigen
Behältern. (Ihnen ikonographisch verwandt sind auch die
Darstellungen des Wassermanns in den Kalendarien der
liturgischen Büchern.) Ein Zusammenhang der
Nebenwindpersonifikationen in Linz 490 mit derartigen
Figürchen würde etwa das Motiv des WasserSchlauches
erklären, das ja in Verbindung mit Winddarstellungen
keinen rechten Sinn ergibt (als Attribut der
regenbringenden Winde kann es nicht verstanden werden, da
auch jene Figuren Wasserbehälter halten, die trockene
Winde symbolisieren).
7.2.2. Die Bäume der Tugenden und Laster
Die erste Seite der ersten Lage (f. 3r (Abb. 3 und
18)) wird von einer einfärbig roten, rechteckig gerahmten
Federzeichnung eingenommen, die den Baum der Laster
darstellt. Sieben Laster, Wollust, Völlerei, Geiz,
Traurigkeit, Neid, Zorn und Eitelkeit entwachsen, durch
entlang ihrer Längsachse zusammengefaltete Blätter
symbolisiert (die Bezeichnungen der Laster sind in Rot
über die Blätter geschrieben), links und rechts einem
senkrechten Stamm in der Mitte der Seite, der in einem