Volltext: Salzkammergut-Familien-Kalender 1938 (1938)

im Wiener medizinischen Dokto¬ 
renkollegium, in dem er die 
klimatologische Behand¬ 
lung in geschlossenen A n- 
st a l t e n empfiehlt. Und dieser 
Vortrag war der Ausgangspunkt 
einer neuen, segensreichen 
Tuberkulosentherapie, der er sich 
mit der ganzen Inbrunst seines 
Helferwillens von nun ab widmet. 
Er rief die Ferienhorte für er¬ 
holungsbedürftige Gymnasiasten, 
z. B. in Steeg am Hallstättersee, 
am Wolfgangsee usw. ins 
Leben. Er erkannte die Bedeutung 
der damaltinischen Küste in ihrem 
milden Klima für die Kranken 
und hatte einen Hauptanteil am 
Emporblühen von Abbazia, Lussin 
und Ragusa. Seiner Ausdauer 
und wahren Opferbereitwilligkeit 
war es möglich, die Gründung der 
ersten Lungenheilstätte für Arme 
in Oesterreich durchzusetzen, der 
Heilanstalt in Alland. Diese An¬ 
stalt war lange Fahre die Zentral¬ 
stelle aller wissenschaftlichen Tu¬ 
berkulosenforschung in Oesterreich. 
Schrötter rief sie nicht nur durch 
seine Idee, sondern auch materiell 
durch Sammlungen ins Leben. 
Im Jahre 1888 wurde Prof. v. 
Schrötter an das Krankenbett des 
deutschen Kaisers Friedrich HI. 
nach San Remo berufen. Sein 
wissenschaftlicher Wahrheitskampf, 
den er bei dieser Gelegenheit ge¬ 
gen den behandelnden englischen 
Arzt des Kaisers Prof. Dr. Ma- 
kenzie unerschrocken führte, ist 
noch in vieler Erinnerung. Als 
Schöpfer der III. internen Klinik 
richtete er sie baulich als die mo¬ 
dernste ein. Große Bewunderung 
erregte der mächtige, amphithea¬ 
tralische Hörsaal. Hier hielt er 
seine wahrhaft klassischen Borträ¬ 
ge über die physikalische Diagno¬ 
stik im Sinne Skodas. 
Schrötter war eine kraftvolle, 
gewaltige, einmalige Erscheinung, 
das geht aus seinem Lebensbild 
hervor. 
In den letzten Fahren hatte er 
die Fühlung in der Auffassung der 
modernen Zeit etwas verloren. 
Wohl brachte er den neuen Ent¬ 
deckungen und Erfindungen volles 
Interesse entgegen, hatte selbst die 
neuesten Errungenschaften der 
elektrischen Lichttechnik für die 
Verbesserung eines Bronchoskops 
usw. verwendet. Aber der Auf¬ 
fassung der modernen Zeit in den 
neuen Formen der Kunst, der 
Musik, der Freiheit des Einzel- 
individuums, des sich breitmachen¬ 
den Dilettantismus, dem Nieder¬ 
reißen des Autoritätsglaubens 
und dem alles nivellierenden Zeit¬ 
amerikanismus stand er kämpfenh 
gegenüber. „Nur wer Großes ge¬ 
leistet hat, hat Anspruch auf eine 
Ausnahmsstellung", das war seine 
Ansicht. Er war kein Höfling. 
Manch rauhes aber wahres Wort 
kam aus seinem Munde. 
Die Samen, die er gesäet, gin¬ 
gen reichlich auf. Tausende von 
Schülern aller Welten gedenken 
in inniger Verehrung seiner Leh¬ 
ren. Abertausende von Lungen¬ 
kranken und Tuberkulosen danken 
ihm ihre Genesung. Die interna¬ 
tionale Vereinigung gegen die 
Tuberkulose nahm einen gewalti¬ 
gen Aufschwung, nachdem Schröt¬ 
ter sie aufrief. 
Wir in Oberösterreich, wir Salz- 
kammergutler, danken seiner kli¬ 
matischen Lehre, die in seinem 
Schüler Dr. Emil K u g l e r einen 
fanatischen Verfechter fand, die 
segensreiche Tuberkulofen-Kinöer- 
heilstätte am O f f e n s e e. Nach 
Beendigung des Krieges, in der 
Zeit der unglücklichen Unterer¬ 
nährungsepoche unseres Volkes, 
der viele Kinder der Unbemittel¬ 
ten zum Opfer vielen, setzte Dok¬ 
tor Kugler seine ganze Aufopfe¬ 
rungsfähigkeit und Energie in 
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