donposten. Das muß ihr Franzl
sein, sagt ihr ungestüm pochendes
Herz. Das Weiblein, dem Umsin¬
ken nahe, nimmt ihre letzte Kraft
zusammen, denn schon ist sie in
Rufweite. Soll sie ihn rufen?
Nein, sie wird ihn überraschen.
Der Mond breitete sein fahles
Licht über die Erde. Der Posten
zeigt ihr den Rücken. Sie hatte sich
nicht getauscht, er ist's. Das Herz
klopft ihr bis zum Halse, auf¬
schluchzend sinkt das Mütterchen
in die Knie. Nur noch einige
Schritte. Der Mond ist hinter
einer Wolke verschwunden. Da
plötzlich schallt ihr ein lautes
„Wer da?" entgegen. Tränen
schießen ihr in die Augen. Wieder
ertönt ein ehernes „Wer da?" Ja,
was hat denn nur ihr Franzi,
fühlt er denn nicht die Nähe sei¬
nes Mutterls? Sie will ihm ent¬
gegenstürzen, Franzl, will sie
jauchzen, doch die Zunge klebt ihr
am Gaumen. Mit Anspannung
ihrer letzten Kräfte taumelt sie
ihm entgegen. Da, wieder ein rau¬
hes „Wer da?" und ein... Schuß!
Ein schmerzdurchwühltes „Franzl",
das Mutterherz hatte ausgeschla¬
gen.
Der Kvrdonposten schreitet wei¬
ter auf und ab, Schritt für Schritt.
Ihm graute vor dieser Art Pflicht¬
erfüllung. Er hatte ihn satt, diesen
eisernen, schonungslosen Dienst.
Wie schwer fiel ihm die eben be¬
gangene Tat. Doch diese Tat, sie
reifte auch seinen Entschluß. Mor¬
gen flüchtete er heim zu seiner
Mutter. Schleichend und schuld¬
bewußt verließ der Mond die
schützende Wolkenwand. Dem Kor-
öonisten ließ es keine Ruhe. Wer
war das Opfer? Wo nahm der Un¬
glückliche den Mut her, sich so na¬
he heranzuwagen? Hastig und
schaudernd näherte er sich der re¬
gungslos am Boden liegenden
Gestalt, kniete nieder und — wie
vom Blitze getroffen, zuckte er zu¬
sammen. Eisern umkrampften sei¬
ne Hände den Kolben des Geweh¬
res, so daß die Gelenke knackten
und das Blut aus den Nägeln
drang. Steinern wurden seine
Mienen und starr wurde sein
Blick. Tonlos, unbewußt entrang
es seinen Lippen: „Muttermör¬
der!"
Am nächsten Morgen fand die
Ablöse hart nebeneinander zwei
Tote.
Del Summa will schlafen geh'n . . .
Da Summa will schlafen geh'n,
er is so viel müad,
und d' Bleamal im Garten
hab'n sei' Müadsein schon g'spürl.
Die Farb'n sän verblicha
und d' Köpferl bleibn g'senkl,
weil der herzlose Sunnschei'
koa Lebn neama schenkt.
War d' Nacht eisig kalt,
hals der Reif so schia packt,
eani Gliedert sän starr word'n
und d' Herzerl verzagt.
Da Summa derf schlafen geh'n,
grad mir müassen sterb'n,
wia soll oan da nif
Bis ins Herz angsti werd'n — ?
Annie Laimer-Lamprecht.