Menge ein greifet Priester den
Pferden des Kaisers entgegen und
brachte sie zum Stehen, so daß der
ganze Zug jäh stockte.
„Die Frau mit den goldenen
Fesseln ist gestürzt", sagte Septi-
mus, der Priester, und wußte doch,
daß sie die Königin des Ostens
war.
„Dein Amt ist es, Unglücklichen
beizustehen", versetzte Aurelianus
in kaltem Spott, „nimm die Gefan¬
gene mit dir und sende mir Bot¬
schaft, wenn sie genesen ist!"
In dem kleinen Haus des Chri¬
stenpriesters Septimus ward Ze¬
nobia von dessen greiser Schwester
Tabitha gepflegt.
Die Gegenwart war still und
gut — die Geschwister taten alles,
der Königin ihre Lage zu erleich¬
tern und wenn Tabitha von Chri¬
stus erzählte, von der süßen Jung¬
frau Maria, von dem heiligen
Flügelschlag einer weißen Taube,
war es wie stilles Geborgensein.
Aber hinter diesem Frieden lag die
Not des Verlorenen Krieges, die
Vernichtung der Heimatstadt, die
Schmach, die der Königin gewor¬
den. Und vor diesem Frieden war¬
tete die Grausamkeit des römischen
Adlers.
Als Zenobias Gesundheit sich ge¬
kräftigt Hatte, ließ sie der Kaiser
an den Hos entbieten und Septi¬
mus geleitete sie. An seiner Seite
betrat sie den Auöienzsaal, aber sie
sah nicht dessen Prunk, nicht die
Höflinge und Krieger, nicht den
bleichen Jüngling im Hintergrund,
nicht den Imperator auf dem
Thron. Sie sah nur den römischen
Adler leuchten und ihr war, als
schwebte er — riesenhaft vergrößert
— beherrschend und unerbittlich
über der Welt. Als Zeichen der Er¬
denmacht und Jmperatorengröße.
Aber damals — als Noes Arche
auf den Fluten getrieben, hatte
ihm kein Adler, sondern eine Tau¬
be die Botschaft des Friedens ge¬
bracht. Und der Geist Gottes selbst
war gleich einer Taube vom Him¬
mel herabgekommen!
Domitianus Aurelianus hatte
sich vor Zenobia, die er ehedem im
Glanz ihres Königtumes gesehen
und dann zu tiefst geöemütigt hat¬
te, erhoben. Er sprach und sein
Blick lag glutenö aus ihrer Schön¬
heit:
„Ich will Friede mit dir machen,
Zenobia! Denn heute erst gestand
mir jener Gefangene" — er wies
nach dem bleichen Jüngling Varro
— „daß du unschuldig warst an
dem überfall aus meine Besatzung.
Darum will ich dir bei Rom einen
reichen Besitz schenken — und volle
Freiheit, Zenobia."
„Ich will kein Geschenk von dir",
antwortete sie leise.
„Das heißt, du willst mich mei¬
nen Fehler nicht gutmachen las¬
sen?" fragte er verhalten.
Sie lauschte tief in ihre Seele
hinein, dann kam es ihr von den
Lippen: „Laß mich dich um eine an¬
dere Gunst bitten, Kaiser Aure¬
lianus!"
„Du willst-du willst doch
nicht in die Wüste zurück?"
„Ich will nicht mehr zurück, wo
alles zerstört ist, was ich dereinst
geliebt. Aber ich bitte dich, Varro
nach Syrien zurückzusenden."
„Um dein Königreich wieder aus¬
zurichten?" lachte er spottend auf.
Mit einem leisen, gütigen Lächeln
beantwortete sie des Römers
Spott, sagte: „Es ist nicht darum.
Aber ich weiß, daß Varro Christ ist
und er soll in der Wüste den Men¬
schen, die noch Heiden sind, die Bot¬
schaft vom Frteöensreiche Gottes
verkünden. Denn siehe, immer wie¬
der werden Boten von Rom zu den
Heiden gehen müssen und ihnen
den Segen des Himmels bringen.
Immer wieder wird die Taube des
Geistes heiligen und befrieden