Volltext: Salzkammergut-Familien-Kalender 1936 (1936)

Wenn er im Mühlwirtshaus sitzt, bleibt er bei einem. Maß sitzen, hat 
-er Oberbauer g'sagt, bann trinkt er nixe mehr. Er rauft auch nit, 
mia Sie andern Burschen, gehr brav hoam zu seiner Muatta, die jetzt 
ganz alloa ist, seit-em die Miazal -en Unterbauer Sepp, -er ins Holz 
geht, g'heirat hat. Der Hannes muaß seiner Muatta was geben, denn 
sie kann sich ja nixe mehr verdienen, seitdem sie in -ie Beer war und 
sich bald ganz -erstößen hätt'. Da muaß -er Hannes wohl jeden Kreu¬ 
zer recht anschauen, bevor er'n ausgibt. Er ist a braver Bursch -er 
Hannes, aber für's Riegelhofers Liesei zu arm." 
So in Gedanken und im Selbstgespräch kommt -ie Wurzelmül¬ 
lerin bei der hohen Brücke an und gerade will sie noch nachdenken, ob 
sie nicht auch -ie weißen „Schellenglöckchen", die am Hang vor -er 
großen Föhre wachsen und -ie sie für -er Reinbacherin ihr Mieral 
braucht, mitnehmen sollte, als -er Weg eine Biegung macht und sie 
mitten auf -er Straße zwei junge Menschen stehen sieht. Es ist -er 
Steinklopfer-Hannes und des Riegelhofers Liesei. 
Eine schön gewachsene junge Frauensperson mit reichem Göld- 
haar, das sie in schweren Zöpfen aufgesteckt trägt, steht vor ihrem 
Ziehkarren, aus dem sie Milch in einigen Kannen und Butter in ei¬ 
nem Körbchen in die Ortschaft zum Verkaufe führt. Die blenden¬ 
weiße Hemdbluse paßt entzückend zu ihren frischen Wangen und öas 
helle Blau ihres -Almerkleides, ist wie das Blau ihrer herrlich schönen 
Augen. Sie hält das Blumensträußchen in der Han-, das ihr -er 
Steinklopser-Hannes gegeben hat, sie schaut glücklich darauf und lacht 
und es macht den Eindruck, wie wenn dieses junge Menschenkind un¬ 
ter der Alpenflora, die sich aus dieser Landschaft erstreckt, auch An¬ 
spruch auf sein gebührendes Plätzchen nähme. 
„Ich dank' dir schön Hannes, du hast mir a große Freud' g'macht 
mit die Blüamerln", sagt sie und gibt ihm dabei die Hand, die der 
Hannes hält und nicht freigeben will. 
„Und halt behüt Gott, ich muaß mit dem Karr'n in den Ort, 
morgen bin ich- wieder auf der Alm, derweil ist der Michl droben". 
— Und wieder schaut sie auf die Blumen nieder, zieht den Karren 
hinter sich her und fährt der Ortschaft zu. 
Der Hannes schaut ihr eine Weile nach, dann macht er einige 
weite Sprünge und schon ist er knapp hinter ihr her. 
Die Wurzmüllerin, die bei den beiden jungen Menschenkindern 
vorbeigekommen, von diesen aber nicht gesehen worden ist, denkt bei 
sich selbst: „So was Schönes hat's wohl noch nit ge'ben,' und ich glaub' 
nit, daß die Schwarzwurz viel helfen wird-, denn wie ich die Augen 
von die Zwoa g'sehen hab, so möcht ich sagen, daß früher das Mittel¬ 
stück vom Feuerfelsen abbricht, als daß man die Zwoa auseinander 
bringt". Dabei blinzelt sie mit ihren grauen Aeuglein und humpelt 
weiter der Richtung zu, wo sie den Platz weiß und die geheimnis¬ 
volle Wurzel zu finden glaubt. 
An der -Straße steht ein alter, niederer Holzzaun, an dessen 
Innenseite ein Marterl angebracht ist. Die Türe, die vor kurzem 
weit offen stand, ist jetzt geschlossen, was annehmen läßt, daß die von 
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