Volltext: Salzkammergut-Familien-Kalender 1936 (1936)

aus, die Kosten des Baues gemeinsam zu tragen, doch Doktor Sulzl 
erklärte, er werde alles zahlen, wenn die Pferde dann wirklich vor¬ 
beigingen. Es wurde nun die Kapelle erbaut. Seit sie stand, war 
die Gestalt verschwunden und die Pferde zogen wieder ruhig des 
Weges. Doktor Sulzl zahlte deshalb alles. So entstand die Kapelle 
zwischen Pühret und Reiten am Lärchenhügel. Wer nach Traun¬ 
kirchen wandert, sieht sie heute noch stehen. 
VIII. 
Der Glaslbna. 
Das ist etwas Eigenes mit dem Glaslbuam. Wer ist der Ge¬ 
heimnisvolle, von dem in der Gegend von Traunkirchen die Sage 
soviel erzählt und -er heute noch den Kindern als Schreckgestalt 
vorgeführt wird? „Wart', wannst koan Fried' gibst, so kommt der 
Glaslbna", ruft heute noch manche Mutter dem Kinde zu, das nicht 
folgen will. Ja, ja, dieser Bua ist . . . niemand anderer als der 
Leibhaftige. Wie kommt er denn ins Glasl? Hennen legen manch¬ 
mal unvollkommene Eier in der Größe einer Walnuß. Diese Eier 
werden der Sage nach öfters von Menschen ausgebrütet, und zwar 
in der Achselhöhle. Den Inhalt schüttet man dann in ein Glasl 
und nun ist drinnen der Teufel. Der ein solches Glasl besitzt hat 
sich dem Bösen verschrieben, der ihn, wenn seine Zeit aus ist, in 
einer stürmischen Nacht holt. Freilich kann man gegen einen so ver¬ 
ruchten Glaslbesitzer nichts ausrichten,' denn alle Wünsche werden 
ihm erfüllt. Es ist deshalb das Beste, mit ihm gut auszukommen, 
will man nicht, daß Unglück auf Wies' und Feld, auf Mensch und 
Vieh kommen. — 
So tritt einmal der schwarze Hiasl, wie ihn die Leute nennen, 
spät abends in das Gasthaus „Zum Kirchenwirt". Der alte Stadl- 
wieser sitzt noch mit ein paar anderen lustigen Gesellen am Bürger¬ 
tisch. Sie plaudern von allerhand. Der Hias nimmt jetzt bei ihnen 
Platz. Er ist ganz verschwitzt und abgehetzt, darum sagt der alte 
Staölwieser zu ihm: „Na, Hiasl, du kimmst aber spät, mir scheint du 
treibst schwarze Handel, dö da Tag net seha mag!." „Was", schreit 
der Hias, „dös laß i ma net g'fall'n, i wer eng scho helfen." Er zieht 
aus seiner zerrissenen Tasche ein kleines Glas und ruft dreimal: 
„Lu! Lu! Lu!" Und im Nu springen aus dem Glasl Schweindl her¬ 
aus, immer mehr und mehr. Soviele werden es, daß die Gäste sich 
der kleinen Dinger nicht mehr erwehren können. Ein fürchterliches 
Gegrunze hebt an, bissig werden jetzt sogar die Bieher. Dem alten 
Stadlwieser haben sie den Halben Rock abgerissen. Er steht jetzt oben 
auf dem Tisch wie draußen am Feld ein Krautscheucher. Und weil 
er sich gar nicht mehr helfen kann, ruft er mit bebender Stimme: 
„Hias, i nimm mei schlechte Red' z'ruck, du bist eh a braver Kerl." 
„Ja", sagt der Hiasl, „wann's ma jeder 6 Gulden gebt's, laß i meine 
liaben Tierln wieder ins Glasl." „Natürli zahl' ma", schreien alle, 
auch der Wirt, der kreideweiß auf der Ofenbank steht. Und sie wer¬ 
fen jeder 8 Gulden hin. Der Hias befiehlt jetzt: „Eine scho' fei', ln! 
lu! ln!" Im Glasl verschwinden die kleinen, abscheulichen Tier- 
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