Hannes folgt ihr nach und beide kommen auf der Wiese cm, wo
die Almhütte gestanden war. Verkohlte Holzstücke liegen da, die das
Feuer übrig gelassen Hatte.
Ohne ein Wort zu sprechen, schaut Liefet herum. Sie weiß nicht,
was sie denken und wünschen soll. Ist sie doch verflucht und heimat¬
los! Die Tränen stürzen ihr aus den Augen.
Da ist es, als ob Hannes ein Läuten jenseits des Felsens hören
würde. Er macht Liefet daraus aufmerksam. Beide hören es.
Ohne lange zu überlegen, läuft Hannes auf den Felsen zu und
mit kräftigen Schritten und Griffen, die nur ihm eigen sind, klettert
er auf dem mächtigen Felsstück empor. Wenn er die Spitze des gro¬
ßen Mittelstückes erreicht haben wird, wird er gut nach den verirr¬
ten Kühen Ausschau halten können und es wird ihm vielleicht mög¬
lich sein, die Stelle zu sehen, wo sich die Tiere aufhalten und er
könnte sie retten. Gewandt und tüchtig war der kräftige Mensch
empor geklettert und bald wird er das Mittelstück des Feuerfelsens
erreicht haben.
Ein Griff noch! Und noch ein Griff!
Liesei war herbeigeeilt. Unten steht sie am Fuße des Felsens,
und schaut empor, wie wenn sie mit ihrem eigenen Leib ihr Liebstes,
für das sie ihr Herzblut hingeben möchte, schützen wollte.
Hannes greift nach der Spitze... Unten ein Schrei, in dem aller
Schmerz enthalten ist...!
Liesei sieht, wie die Felsspitze abbricht und Hannes damit in die
Tiefe sinkt. Unten ist sie gestanden und um keine Schrittbreite war
sie von der Stelle gewichen, wo sie mit ihrem Leben das Leben ihres
Liebsten zu schützen glaubte.
Das große Felsstück hat Liesei erschlagen und im selben Augen¬
blick ist der schwere Körper des Hannes neben ihr niedergefallen.
Hannes ist nicht sofort seinen schweren Verletzungen erlegen und als
er in seinem Todeskampf für einen Augenblick die Augen öffnet,
um sie für ewig zu schließen, sieht er den schönen Körper der Liesei
entseelt neben sich liegen und die wunderbaren Gesichtszüge in einem
Blutklumpen umgewandelt.
So haben zwei schöne junge Menschen, die ihren Lebensfrühling
im Herzen spürten und einander nie verlassen wollten, zusammen
den Tod gefunden.
18.
Nachdem die Menschen, die sich vor des Riegelhofers Gehöft ge¬
drängt hatten, aus Bertis Munde von den traurigen Geschehnissen
auf der Feueralm Mitteilung bekommen hatten, trennten sie sich,
um heimwärts zu ziehen und ihren Angehörigen davon zu erzählen.
Einige gingen davon, um sich auszurüsten und im Notfall hilfreich
und rettend beizustehen.
Die Mittagssonne steht am Himmel, als ein kleiner Haufen
Menschen auf der Brandstätte ankommt,' unter ihnen ist auch Bärbl.
Schwer hat sich die hagere Gestalt heraufgeschleppt und schweigsam ist
sie hinter den anderen Menschen hergegangen.
141