Volltext: Salzkammergut-Familien-Kalender 1931 (1931)

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Mlle Geschichten vom Mlmsee. 
Zusammengetragen von Dr. Oskar Schmotzer, Wels. 
Tief drinnen im Gebirge versteckt, im hintersten Winkel eines 
anmutigen Tales liegt der viel bewunderte Smaragd im Schmucke 
unserer Alpenkrone, der Almsee. Um die Naturschönheiten richtig 
erfassen zu können, darf man freilich nicht mit einem greulichen 
Auto durch das Tal saufen, Hirsch und Fuchs verscheuchen und die 
liebliche Idylle des Seehauses zu einer großstädtischen Jaufenstation 
herabwürdigen. Zu einem Besuche des Almsees gehört Stimmung, 
das Gefühl der Einsamkeit, Abgeklärtheit, des Aufgehens in der 
Natur und der vollständigen Abwesenheit der entsetzlichen modernen 
Zivilisation. Eine solche Stimmung läßt sich nicht mit Benzin her¬ 
vorzaubern, sondern muß allmählich aus dem inneren Menschen sich 
entwickeln. Dazu braucht es Zeit und daraus ergibt sich, daß der 
richtige Naturfreund und Bergwanderer zum Almsee nach wie vor 
zu Fuß wandert, um in dreistündiger Buße die Sünden des Alltags 
abzustreifen und sich für den Gottesfriedeu am Almfee vorzu¬ 
bereiten. 
Bon Grünau aus kommen wir beim Hochfchwibl oder Hoch- 
schwöbl vorbei. Dieser Berg hieß vor 120 Fahren Hangender Berg. 
Ich vermute, daß dort ein Galgen stand. Die Grundherrschaften 
hatten gewiß auch in dem abgelegenen Tale eine Richtstätte, bevor 
das Landgericht in Scharnstein errichtet wurde. Deswegen heißt 
die Au am Fuße des Hochfchwibl heute noch Rabenau und der Brunn 
der Rabenbrunn, weil die 'Galgenstätte von Raben umschwärmt 
wurde. 
Wir wandern weiter auf der bekannten Straße, die von den 
Pionieren erbaut worden ist, an die noch die ,/Kaserne" erinnert. 
Diese liegt genau im ersten Drittel des Weges von Grünau zum 
Almsee. Die Schroffen und Hänge des Kasberges treten hart an den 
Weg, wir wandern durch dichten Wald und kommen nach einstün- 
diger Wanderung zur Urberlkapelle. Die stimmungsbolle Wald¬ 
kapelle ladet uns auf eine kleine Weil zu beschaulichem Nachdenken 
ein. Warum diese Kapelle dem hl. Urban geweiht worden ist, konnte 
ich nicht erfahren. In der ganzen Reihe der Kremsmünsterer Aebte 
findet sich kein einziger Urban. In Schwarzenbrunn fließt ein 
Urberlbrnndl, vielleicht gehören alle diese Bezeichnungen zu einem 
vergessenen Hausnamen. Nach der mündlichen Ueberlieferung hat 
ein Pionier, namens Urberl, diese Kapelle gestiftet. 
Die Urberlkapelle, einsam im Forste gelegen, erregte schon seit 
langem die Volksphantasie, es ist ein richtiger Geisterort. Die hell¬ 
sichtigen Pferde, die bekanntlich ebenso wie die Hunde, Geister sehen 
können, bleiben zuweilen vor der Kapelle stehen und können weder
	        
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