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tor ihr vormachte, das Mal wachse sich ganz bestimmt aus und in Sin
paar Monaten werde das Gesichtchen des Kindes weiß sein wie
Schnee, glaubte sie fest daran und wurde ganz ruhig, In der Ge¬
meinde bedauerte man den Gottfried und die Marialene fast durch¬
aus- nur wenige vergönnten ihnen das Mißgeschick- doch geredet
wurde noch lange und viel.
Dem Daviter blieb es natürlich nicht verborgen, daß Liesl, die
Küchendirn, das Geheimnis ausspioniert, die Sache herumgeplau-
dert und dke wilden Gerüchte verursacht hatte. Er nahm das Mäd¬
chen scharf ins Gebet. Anfangs leugnete das spitznasige Ding alles
frech weg, als der Bauer ihm aber mit dem Davonjagen drohte, win¬
selte und heulte es wie ein Hündchen, das Schläge bekommt, dann
fiel es auf die àie nieder und versprach hoch und teuer, es werde
nie mehr feine Augen in ein Schlüsselloch Hineinstecken, und lieber
beiß es sich die Zunge kleinweise ab, als daß es mit àem Menschen
außer dem Hause noch einmal ein Wörtl rede. Des Bauers Zorn
verflog allmählich und das Mädchen kam mit einem strengen Ver¬
weis davon.
Wieder gingen etliche Monate ins Land. Die Marialene faßte
eine immer größere Liebe zu ihrem Kind, wurde aber auch von Tag
zu Tag trauriger. Jetzt erkannte sie, daß der Doktor ihr das Maul
gemacht hatte. Statt daß das Muttermal im Gesicht des Kindes sich
verflüchtigte, trat es nur um so schärfer hervor. Oft weinte die Frau
halbe Stunden lang mit dem Kinde auf dem Schoß. Der Mann bot
alles aus, um sie zu trösten.
„Schau, Marialene, so darfst nicht tun- auf das Gesicht kommt's
bet einem Menschen nicht an, sondern auf den Verstand und auf das
Herz — auf die Seele."
„Aber die Leute schauen zuerst aufs Gesicht, und wenn das nicht
schön ist, wird so ein Kind verachtet, beschimpft, verspottet. Mein Gott,
es bleibt ein Hafcherle sein Leben lang,"
„Möchtest du, daß das Kind sterben tät?"
„Nein! Es ist mir lieber als mein Leben- aber grad soviel er¬
barmen tut's mir, das arme Häuterle."
Sie küßte es leidenschaftlich. Nach einer Weile schaute sie den
MaNn ängstlich an und sagte: „Gottfried, red eiümal aufrichtig. Gelt,
du, recht gern haben kannst das Kind nicht? Es schaudert dich davor,
gelt?"
„Was fällt dir ein, Marialene! Ich hab's grad so lieb, als wenn
es lein Gesicht hätte wie ein Engel. Um meinen halben Hof güb ich's
nicht her."
Mit diesen Worten nahm er das Knäblein aus ihren Armen,
Hob es zu sich empor und drückte ihm einen herzhaften Kuß auf beide
Wangen. Da weinte die Marialene noch mehr.
In der nächsten Zeit vertraute die Frau das Kind oft der alten
Hausmagd Zenz Mr Pflege- sie selbst aber wanderte viel herum.
Bald ging sie zu einem Doktor in der Stadt, bald zu einem Bauern¬
arzt, bald zu einer weifen Frau, um ein Mittel zu finden, mit dem
sie der VerUNstaltung ihres Kindes abhelfen könne. Sie wandte auch