Volltext: Salzkammergut-Familien-Kalender 1928 (1928)

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„Da soll doch ein Blitzhagelöo nnerwetter niederfahren und die 
ganze LumpeNbagage drei Klafter tief in den gefrorenen Boden hin¬ 
einschlagen!" wütete der Napfer,' dann hämmerte er mit beiden Fäu¬ 
sten an die Tür und schrie: 
„Kathrin, Alte, mach' auf! Die Spitzbuben haben Mich hinaus- 
gefperrt... Die Tür ist zu, ich erfrier' in der Kälte." 
Als sich drinnen nichts rührte, lärmte er noch wilder: 
„Du alte RNNggunggl, hörst nichts? Mach ans, sonst schmeiß' 
ich alle Fenster ein — — Muß ich denn zu !einem Eisbrocken 
gefrieren?" 
Da stürmte der Nachtwächter die Gasse herunter und faßte den 
BürgerMeister, ehe dieser es versah, beim Genick, indem er schrie: 
„Bürschl, haben wir dich endlich beim Kragen? — Jetzt marsch 
in' Kotter — da gibt's keine Würsteln!" 
„Du dreimal gezäumter Heuochs, kennst mich nicht?" schnaubte 
der Napfer,' „wo nachtwandelst denn d u herum, während das ganze 
Dorf aus dem Kopse steht und der Bürgermeister selbst den Spitz¬ 
buben nachrennen muß. Von heute an bist Nachtwächter gewesen!" 
„Ihr seid's der Herr Bürgermeister?" wiederholte der Wach¬ 
mann,' „entschuldiget, ich bin alleweil gelaufen, alleweil hinter den 
Halunken her." 
Da nähten sich abermals Schritte. Der Nachtwächter hob die 
Laterne, dann flüsterte er dem Stadtoberhaupt in die Ohren: 
„Um's Himmels willen, da kommt der Herr Pfarrer . . . der 
geht iN die Kirche ... in den Beichtstuhl . . ." 
„Alle heiligen Patriarchen und Propheten!... Das auch noch!" 
stammelte der Napfer. 
In den Boden hinein hätte er versinken mögen vor Schmach 
und Schande. Er als Bürgermeister sollte iw Hemd und Zipfelkappe 
vor dem Pfarrer stehen! — Nein, das war znm Schlag treffen,' — 
er wollte fliehen, allein vor Schrecken und Entsetzen vermochte er 
keinen Fuß zn rühren ... Und jetzt war der Pfarrer schon da. Der 
brachte ebenfalls lange Zeit vor Erstaunen kein Wort heraus. Dann 
sagte er abgebrochen: 
„Was muß? . . . Ja, was ist? . .. Ja, was wär' denn das?" 
„Herr Pfarrer," erwiderte an Stelle des tatternden Bürger¬ 
meisters der Nachtwächter, „der Bürgermeister ist den LärtmNachern 
nachgerannt und jetzt haben sie ihn aus deut eigenen Hause heraus¬ 
gesperrt." 
Da faßte sich auch der Napfer ein wenig, machte einen tiefen 
Knix und sagte untertänig: 
„Ich wünsche Euer Hochwüröen ein glückseliges, freudenreiches, 
neues Jahr!" 
Nun kitzelte den Pfarrer der Schalk. 
„Aber, Herr Bürgermeister," sagte er lachend, „es ist ja strenge 
verboten, in den Gassen öffentlich Neujahr anzuwünschen."
	        
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