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Dem Manne aber rannen, als er geendet hatte, die Hellen Schwei߬
tropfen über die Wangen. Jetzt legte er die Gitarre hin und schaute
auf die Uhr. Himmel, es war Zeit. Jetzt hieß es Abschied nehmen
für immer. Nein, er durfte keine« Abschied nehmen, von ihm sollte
dem Mariele nichts Wehes geschehen. Fast war es ihm lieb, Laß
die Kranke schlief. Er trat ans Bett, richtete noch einen langen, hei¬
ßen Blick auf das Weib, dann streichelte er dreimal, viermal sanft
über ihre Rechte und flüsterte unhörbar: „Mariele, Mariele, mein
...." Es gab seinem Gesicht einen fürchterlichen Riß, fast hätte ihn
Hermann Kletzmayr
christlichsozialer Nationalrat aus dem Traunkreis.
der Schmerz überwältigt: doch er kniff die Lippen zwischen die Zähne
hinein, drehte sich um und ging zur Türe hinaus.
In der Stubenkammer droben legte er das Zivilgewand ab
und zog die schmutzig-graue, fadenscheinige, zersliüte Militärunisorm
an, nahm den leeren Rucksack aus die Schultern und steckte den Man¬
tel dahinter. Als er die Stiege herabkam, stürzte NanÄl, seine
Schwägerin, aus der Küche und weinte: „Mein Gott, Franzl, ist das
ein Elend!" — Er reichte ihr bloß die Hand, sagte aber kein Wort.
Als sie ihm einige Lebensmittel einpacken wollte, daß er aus der
Reise etwas habe und an der Front nicht hungern müsse, gab er
durch Winke zu verstehen, er brauche nichts und möge nichts. Einen