Volltext: Salzkammergut-Familien-Kalender 1927 (1927)

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Hütten und spielten Karten. Stets berauschten sie sich an Holzbranntwein, 
worauf sie sich dann wie wilöe Tiere gebärdeten, jedes Gefühles der Men¬ 
schenwürde bar. Der Rausch war für sie eine Art von Erlösung non dem 
Bewußtsein ihres hoffnungslosen Zustandes. 
Starb ein Aussätziger, so wurde nur ein Loch in die Erde gegraben 
und die Leiche hineingestampft. Damit war alles aus. Er starb, wie er 
lebte. Leben oder sterben war für ihn gleich. Es war die Hölle auf Erden, 
diese schreckliche Insel der Lebenöigbegrabenen. 
Da kam Pater Damian zu den Armen. Sein Herz krampfte sich bei dem 
Anblick solchen Elendes zusammen. Er übernahm ganz allein die furcht¬ 
bare Arbeit, für die Besserung der geistigen und der irdischen Lage seiner 
Schützlinge zu sorgen. Er wurde nicht bloß ihr Missionär, sondern sorgte 
auch für bessere Wohnungsverhältnisse und lehrte die Kranken eine Reihe 
nützlicher und edler Beschäftigungen. 
Das Tagebuch von Pater Damian verschweigt aber auch nicht, wie 
sehr er mit der Schwäche der eigenen Natur zu ringen hatte, bis er das 
ganze Opfer seines Lebens bringen konnte. „An einem Sonntage", so er¬ 
zählt Pater Damian selbst, „hatte ich während der Messe das Gefühl, als ob 
ist ersticken müßte, wenn ich den Altar nicht sofort verließe und an die frische 
Luft ginge. Aber ich bezwang wich, indem ich an unseren Heiland dachte, der 
sich mutig in das Grab von Lazarus begab, trotzdem ihm Martha bedeutet 
hatte: „Er riecht." Seitdem kann ich viel besser den Geruch des Aussatzes 
ertragen, und ich betrete die Hütten der Leute ohne Schwierigkeit. Der 
Ekel übermannt mich nur noch manchmal, so wenn ich bei Leuten Beichte 
höre, die schon dem Tode nahe sind. Schwierigkeiten habe ich auch noch bei 
der Spendung der Letzten Oelung, da die Hände und die Füße der Kranken 
nichts anderes als eine brennende Wunde sind." 
Nach zehn Jahren der aufreibendsten Tätigkeit wurde Pater Damian 
selbst vom Aussatze befallen. Nachdem die Aerzte den „schleichenden Tod" 
an ihm festgestellt hatten, schrieb er darüber in sein Tagebuch: „Ich bin 
froh, erfahren zu haben, daß mein Zustand keinem Zweifel mehr unterliegt. 
Ich bin ein Aussätziger. Dein Wille, o Herr, geschehe!" Der Aussatz führte 
an Pater Damians Körper sein furchtbares Werk der Zerstörung langsam 
und sicher zu Ende. Nach sechs weiteren Jahren unsäglichen Leidens starb 
er und wurde neben seinen Schützlingen, denen er seine Arbeit und sein 
Leben gewidmet hatte, auf dem Friedhof der Aussätzigen bestattet. 
Wieviel glühender Eifer und wieviel verzehrendes Leid spricht" aus 
diesen Blättern, die dieser Liebesapostel, dieses Opfer der christlichen Barm¬ 
herzigkeit, als junger und kräftiger Mann zu schreiben begann, und die er 
mit zerfressenen Händen zu Ende führte!
	        
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