Volltext: Salzkammergut-Familien-Kalender 1927 (1927)

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hatte seinen kleinen Freund, den Erdgeist, gerufen und ihn gebeten, 
den Sudmeister Vifchar nicht weiter zu quälen, da er doch nun 
schon genug geschädigt sei und seine Not doch auch die Elisabeths sei. 
Da hatte der kleine Berggeist genickt und gesagt: „Bist ein braver 
Bursch, Hans, ich willfahre deiner Bitte, obgleich der stolze Sud- 
meister einen weit stärkeren Denkzettel noch verdient. Aber, wenn 
du allein fertig werden kannst, so tue es. Rufe mich, wenn du mich 
wieder brauchst." 
Hans Leichtsußens Traurigkeit fiel auch dem gütigen Bischof 
auf, und er rief ihn eines Tages vor sich und sagte ihm freundlich, 
er möge doch sein Herz ausschütten, er wollte ihm helfen, wenn er 
könne. Durch seine Tüchtigkeit habe er ein wacker Fähnlein Arkebu¬ 
siers erhalten, das den Innsbrucker einschüchtere und im Zaume 
halte, und es sei Krieg und Blutvergießen und Landnot verhindert 
worden. Da sei es recht und billig, daß er ihm helfe, wo er könne. 
Da redete nun Hans frisch von der Leber weg, erzählte sein Mi߬ 
geschick und seinen Kummer. 
Der lebenskluge und edle Priester hörte schweigend zu, schmun¬ 
zelte und sagte dann: „Hm, da ist nicht so leicht zu helfen, aber ich 
will es versuchen." 
Am Nachmittag des gleichen Tages kam ein gar prächtiger Aus¬ 
zug von der Burg herab. Läufer eilten voraus, dann kamen 
Lanzenreiter, Trompeter und Arkebusiers und zuletzt auf prächtig 
geschirrtem weißen Roß Se. Gnaden der Herr Bischof und Fürst 
und neben ihm, ebenfalls zu Pferde, der Kanzler und dann Hos- 
herren, schön geschmückt und vornehm anzusehen. Und siehe da, vor 
dem alten, schönen Hause des Sudmeisters Vifchar hielt der Zug. 
Bischof und Kanzler stiegen vom Pferde und schritten ins Haus. — 
Der alte Sudweister und sein Töchterlein waren nicht wenig er¬ 
schrocken ob des hohen Besuches, und Elisabeth traten schon die 
Tränen der Angst in die blauen Augen- denn sie fürchtete neues 
Unglück. Aber der Bischof war so leutselig und nickte ihr lächelnd 
zu,' dann wandte er sich zu dem untertänigst dastehenden Sudmeister: 
„Was mich zu euch führt, ansehnlichster Ratsherr? Ja, ihr ahnt es 
wohl kaum. Ich wollte euch hiermit verkünden, daß ich recht unge¬ 
halten bin über die Schmach, die ihr meinem hohen Hause antut!" 
„Schmach? Euer Gnaden, Schmach, edelster Herr?! Verzeiht, 
ich verstehe das nicht. Ich bin und bleibe euer untertänigster Diener 
und wüßte nicht..." 
„Schon gut. Nennt es Schmach oder nicht — oder ist es Ehre 
für mich und mein Haus, daß Ihr einem meiner Obristen die Hand 
eurer Tochter verweigert?!" 
„Einem Obristen des allergnädigsten Herrn? Ich bin starr 
vor Staunen. Ich weiß nichts davon?" 
„Ihr scherzet, Herr Vifchar? Oder hättet Ihr nicht dem wackeren 
Hans Leichtfuß eure Tochter verweigert?" 
„Dem schon, diesem Windbeutel und . . ."
	        
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