Volltext: Salzkammergut-Familien-Kalender 1927 (1927)

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„Nam' und Weg und Ziel?" 
„Er sagt, er sei einer, den der Herr Bischof wohl brauchen kann 
und der nicht gewohnt sei, zweimal anzuklopfen." 
Da meinet Kaplan Friedbert: „Er redet eine stolze Sprache, der 
Junker." 
„Ich finde das auch. Trotzdem, es sei! Führe ihn her, Schleich¬ 
michel, halte dich aber im Nebengelaß für alle Fälle bereit." 
Wenige Minuten später wurde Hans Leichtfuß eingeführt. Mir 
freier und wohlanständiger Gebärde grüßte er die Herren. „Ihr 
seid der hochwürdigste Herr Bischof? Zu euch wollte ich", sagte er 
frisch und frei zu dem edlen Fürsten. „Und was für Kunde 
bringst du?" 
„Kunde? Kunde bringe ich nicht. Ich bin kein Spion und Po¬ 
stenträger. Ich bringe mich selbst." 
Me beiden Herren waren starr. Solche Kühnheit! Der Bischof 
trat auf ihn zu. 
„Und wer bist dp, und was kannst du, daß du es wagst, dich 
zu angehender Nacht dem Bischof von Salzburg zu bringen?" 
„Ich bin — doch halt, erst will ich euch etwas fragen: Habt Ihr 
gehört, daß es jetzt Leute gibt, die in heißer Schlacht nicht mehr mit 
dem Schwerte kämpfen, sondern aus einem Rohr ein tödlich Ge¬ 
schoß, winzig und rund wie eine Kirsche, versenden? Habt Ihr ge¬ 
hört, daß die höchste Feste, daß die festeste Burg nicht mehr sicher ist, 
seitdem man mit dem Schwarzsalz schießt?" 
„Wohl habe ich davon gehört, auch schon solches Schwarzsalz 
gesehen. Geheime Kunst soll es sein, dies Zeug herzustellen, und der 
Teufel muß sein Amen dazu geben, soll es wirken. Doch was hat das 
mit dir zu tun und -einem Besuche bei Nacht?" 
„Ich bin solch Pulvermeister und Kugelgießer, auch Arke¬ 
busen stelle ich her und Stücke aus Eisen, mit denen Ihr wie der 
Tod in eure Feinde fahren könnt und sie mit Donner und Blitz ver¬ 
nichten. Wollt Ihr mich haben?" 
„Ob ich euch haben will? — Ja, Freund, genug Gaukler kom¬ 
men zur Burg: die einen mit Salben, die ein hundertjährig Leben 
verheißen, die anderen mit Tränklein gegen Pestilenz und Teue¬ 
rung und vieles mehr. Ich glaube keinem mehr, also auch dir nicht." 
„Ich will euch meine Kunst beweisen. Gebt mir drei Tage 
ein Kämmerlein, Holz und Eisen und Hammer und Feile, ein 
Schmieöefeuer und Blasebalg, und in drei Tagen will ich euch ein 
Feuerrohr herstellen, das den Donner bis hinab zum Gaisberg 
trägt, und will euch den güldenen Hahn von Sankt Peter schießen 
oder die Blüte aus dem Kürbis oder was Ihr wollt." Und der Pul¬ 
vermeister beugte sich zum Bischof und fügte noch geheimnisvoll 
hinzu: 
„Und wenn Jhr's verlangt, will ich euch Treffkugeln gießen, 
die nie ihr Ziel verfehlen." 
„Geh, Versucher! Das erste will ich dir gestatten, das andere 
aber unterlasse!" Und der Kaplan nickte und sagte: „Diese Entschei¬ 
dung, hochwürdigster Herr, scheint mir ebenso weise wie edel. Der
	        
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