Volltext: Salzkammergut-Familien-Kalender 1927 (1927)

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Schmiedin ihr Häusl in G'fahr, daß es weggeschwemmt wird." „Js 
denn die Schmiedin no nit auszogn?" fragt Leni. „A, glaubst die 
Alte verlaßt ihr Häusl, da geht s' liaber selm mit eahm z'grund", 
antwortete Traud. Die Nacht war glücklich ohne besonderen Unfall 
vorüber gegangen, aber es regnete noch immer und das Brausen 
des sonst unscheinbaren Baches wurde immer betäubender. Das 
kleine Häuschen war in größter Gefahr. Einige Leute, unter diesen 
auch Leni, waren gekommen um zu retten, aber machtlos standen sie 
den tosenden Wogen gegenüber. An den Türstock des Häuschens ge¬ 
lehnt, stand die alte Schmiedin und war nicht zu bewegen, ihren 
Platz zu verlassen, obgleich ihre Füße schon vom Wasser umspült 
wurden. Da ertönte ein Schrei, den alle ansgestoßen und der doch 
nur aus einer Kehle zu kommen schien. Krachend stürzten die unter¬ 
waschenen Mauern ein und mit einem Sprung, welchen man dem 
alten Weiblein nie zugetraut hätte, war die Schmiedin mitten in 
dem reißenden Bach. Ehe man es verhindern konnte, war eine 
Frauengestalt nachgesprungen — Leni. Ein zweiter Angstschrei der 
angesammelten Leute galt dem jungen Menschenleben, daß sich an 
ein unmögliches Rettungswerk gewagt hatte. Mit jedem einzelnen 
kämpfend, der ihn zu halten suchte, rang sich da ein kräftiger, großer 
Bursche durch die Menge. Hans, der Moarknecht vom Lindhos war 
es. Im Sprung hatte er seine Leni erkannt. Mit der Kraft eines 
Wahnsinnigen teilte er die sich vor ihm auftürmenden Hindernisse 
und schon hatte er einen Zipfel ihres roten Rockes erfaßt. Aber sie 
war schwer, denn krampfhaft- hielt sie das alte Weiblein umklam¬ 
mert. Ein herantreibendes Brett bot ihm endlich eine erlösende 
Stütze und schon wollten die Menschen in lauten Jubel ausbrechen, 
als einem tückischen Ungeheuer gleich, ein Baumstamm von den 
Fluten herangetrieben, Hans an den Kopf schlug und dieser mit 
gellendem Schmerzenslaut in den Wellen verschwand. Eine rötliche 
Färbung des grauen Wassers zeigte, daß hier nichts mehr zu retten 
war. Drei Menschenleben waren dem wilden Bach zum Opfer gefal¬ 
len. Davon zwei blühende, starke Gestalten, welche des Priesters 
Hand bald zum Lebensbunde hätte vereinen sollen und nun hatte 
sie das Band der Nächstenliebe, wohl zu früh, im Tode vereint. Erst 
nach einigen Tagen konnten die zur Unkenntlichkeit entstellten 
Leichen geborgen werden und viele Augen waren feucht, als die 
Bewohner des ganzen Dorfes ihnen das Geleite gaben, am letzten 
Gang zum Kirchhof. — Die rastlose Zeit hatte wieder einige Mo¬ 
nate über das traurige Ereignis gewebt und hoffnungsfroh schaute 
der Bauer über die halbreife Frucht auf den Feldern. Ein heißer 
Junitag herrschte, doch der schmucke Bursche in Jägertracht schien 
es nicht zu bemerken, denn er sprang wohlgemut den sonnebefchie- 
nenen Waldpfad hinunter. Es war Friedl, der das Amt seines Va¬ 
ters übernommen hatte und mit feinem Mutter! oben im Forst- 
hause wohnte. Soeben war ein Brief von Lidi angekommen, daß sie 
ihr Examen mit glänzendem Erfolg bestanden hatte und alsbald in 
ihrer lieben Heimat eintreffen werde. Denn bevor sie sich ganz ihrem 
Beruf zuwandte, schrieb sie, wollte sie sich einige Wochen Erholung
	        
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