Volltext: Salzkammergut-Familien-Kalender 1927 (1927)

Bertl eingetreten, war das muntere Lachen verstummt und nur 
ernste Gesichter hatten seine Mitteilung aufgenommen. Manches 
Diandl hatte sich verstohlen mit der Hand die Augen gewischt, denn 
reges Mitleid mit den Nebenmenschen herrschte in den Herzen der 
Landbewohner. Schon die gemeinsame Beschäftigung und Verschwä¬ 
gerung bringt die Menschen in kleinen Orten oft näher zueinander, 
als es in einer Stadt sein kann. 
Am nächsten Morgen klopfte es schon sehr zeitlich an der Haus- 
türe des Simmler-Hofes. Es war der Lindhosbauer, der Einlaß be¬ 
gehrte. „Grüaß Gott, Simmler, a schönt Bitt hätt i an di. Met Buab 
is recht krank, der Doktor hat ziemlich a ernstes Gsicht gmacht und 
moant, er muaß a besonders sorgsame Pfleg haben. Bei uns is aber 
gar koan rechts Leut da dazua und. drum möchst nit so guat sein und 
die Leni derweil zu mir nmaschicken?" 
„Den Gfalln", sagt der Simmler, „kann i dir schon toan, kannst 
glei mit der Leni selber rödn obs einverstanden is. Leni, geh kimm 
a bißl", ruft der Simmler ins Haus. Mit vom Herdfeuer erhitz¬ 
ten Wangen kommt sie heraus und schaut erstaunt auf den Lindhof¬ 
bauer. Als sie hört, was man von ihr verlangt, will sie zuerst nicht 
einwilligen. Sie denkt an Hans. Nur nach längerem Zureden sagt 
sie Ja und geht an Bertis Krankenbett. Fieberrosen blühen auf sei¬ 
nen Wangen und unverständliche Worte kommen über seine Lippen. 
Er ist bewußtlos. Der Leni wird so weh, wie sie den mutigen Bur¬ 
schen da so hilflos liegen sieht und während sie die Umschläge er¬ 
neuert, fällt Tropfen um Tropfen von ihren Augen auf das bren¬ 
nend-heiße Gesicht des Kranken. Nicht leidenschaftlich, nein, leise 
und ruhig weint sie, es sind die Tränen eines guten Kameraden. 
Langsam wurde Bertl ruhiger und schlief ein. Leni hatte sich zum 
Fußende des Bettes auf einen Schemel gesetzt und kein Auge wen¬ 
dete sie von dem Kranken, obwohl sie die Stricknadeln fleißig klap¬ 
pern ließ. Da wurde behutsam die Türe geöffnet und Hansens große 
Gestalt schob sich langsam herein. „Bist bös, Hans, daß i da bin?" 
fragt leise Leni. „Ah na, ich wollt nur fragn, wias dem Bertl geht. 
Unten lassend mir koa Ruah". „Grad hiazt is er eingschlafen und i 
glaub, wann ihn neamd aufweckt, bis er selbst nmnta wirb, dann 
gehts schon besser", flüsterts ihm zu. So leise wie er gekommen, 
verschwand Hans wieder. Das war die einzige Unterbrechung des 
ganzen langen Tages. So kam der Abend heran. Halbdunkel war es 
schon in der Stube, der Doktor gab Leni verschiedene Anweisungen 
für die Nacht und der Lindhofbauer streichelte seinem Buben die 
Wangen, welcher soeben zu vollem Bewußtsein erwachte. Er fragte, 
was denn mit ihm eigentlich sei und als sein Vater den Doktor hin¬ 
ausbegleitete, rief er Leni zu sich und diese mußte ihm erzählen, 
was er selbst am vorhergegangenen Abend erlebt hatte. „Leni", 
meinte er, als sie geendet, „du bist mir wia a liabs, guats Schwc- 
sterl, willst mirs a bleibn?" Freudig nahm sie seine Hand in die 
ihre, denn sie fühlte es, dies war das Rechte und fast feierlich klang 
ihr „ja, recht gern, Bertl". Obgleich die starke Natur Bertls den 
Sieg über die gefährliche Krise errungen hatte, war es ihm doch
	        
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