Volltext: Salzkammergut-Familien-Kalender 1926 (1926)

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Vogelgattungen und Affen, so hat ein Spekulant einen Hanöelsversuch 
mit Nüssen in die größeren Städte hinein gewacht unö ist ein reicher 
Mann dadurch geworden. 
Viehzucht wird stark getrieben; in Castroville ist ein Mann, der 
nicht einmal weiß, wie viel Kühe er hat. Dazu braucht man weder 
Stall noch Futter: das Vieh muß Sommer und Winter auf der Prärie 
sich sein Futter unö bei dem abscheulichen Nordwind in irgendeinem 
Gebüsche Schutz suchen. Gemolken werden sie in Einfriedungen. Schaf¬ 
zucht ist noch wenig, so geeignet das Land auch der oft endlosen Prärien 
wegen wäre, die Futter genug liefern. 
Der Farmer hat ein einsames Leben. Eh, mon cher, denken Sie 
sich ein Blockhaus in einem einsamen Winkel des Waldes, der nur 
gelichtet ist, weil man einiges Feld brauchte. Viele englische Meilen 
weit rechts unö links nichts als wilde Gegenden, kein Haus, kein Feld, 
nichts von einem Menschen, mit dem der Farmer plaudern könnte, als 
seine Hausgenossen: — ist das eistsam! Aber er lebt doch glücklich. 
Maisbau unö Viehzucht kosten nicht viel Arbeit, und die Steuern samt 
Gemeinöeabgaben drücken ihn nicht. 
Handwerker- Schmiede, Tischler, Zimwerleute, Maurer unö Satt¬ 
ler verdienen viel Geld unö können leicht zum Wohlstand kommen, 
wenn sie noch einige Gulden aus Europa mitgebracht haben, um sich 
rühren zu können. 
Nach Texas auswandern soll man einem weder ein- noch aus¬ 
reden: es kommt sehr viel auf die individuelle Beschaffenheit des Aus¬ 
wanderers,, auf seine Gesundheit, auf sein Vermögen und auf sehr 
viele DingMan. Dem einen z. B. tut das Klima nicht gut, dem andern 
gefällt der freie, fast gesetzlose Zustand des Landes nicht usw. Soviel ist 
gewiß: einem eingefleischten Oesterreicher wird es dort nicht leicht ge¬ 
fallen. O, der Oesterreicher weiß es nichtz wie gut er es in feinern 
Lande hat, unö erfährt es oft dann erst, wenn er anderswo ist. 
In Texas ist ein Bettler eine unbekannte Erscheinung., Alles muß 
arbeiten. Wer hieher kommt und nicht arbeiten mag, der geht bald, 
wieder, wenn er nicht viel Geld mitgebracht hat. Viele Kinder sind hier 
großer Segen für die Eltern, besonders erwachsene Kinder, die zur 
Arbeit schon zugreifen können. In den nördlichen Staaten ist aber 
leider schon viel Proletariat unö der Abstand zwischen Armen und 
Reichen dem Londons ziemlich ähnlich, z. B. in Nonyork,- Pennsylvanien 
usw. Monsieur, das glauben Sie wir, denn ich bin schon weit Herumge¬ 
kommen. Je mehr in einem Lande das Fabrikwesen, wenn es nicht von 
christlicher Nächstenliebe getragen ist, überhand nimmt, desto schlechter 
wirö's. Reiche sind die Herren und die Arbeiter das Proletariat, der 
Egoismus und Gelögeiz macht sie dazu. Eust in moralischer Beziehung, 
o, mon Dien! — Ich bin kein Feind von Fabriken und Industrie, ja 
ich liebe unö achte sie, aber ohne Religion werden sie ein Brandreis 
für das Wohl der SozieM. 
Unsere Schulen in Texas sind schlecht, höhere haben wir fast gar 
nicht, und an das Studieren denkt niemand, da ein Farmer, ja ein 
Ochsenführer sogar ein besseres Einkommen hat, als ein Beamter. 
Zum Militär wird niemand gezwungen: die ganze noröamerr- 
kanische Union, zu der auch bekanntlich unser Texas gehört, hat nur eine 
kleine Armee von Freiwilligen: selbst der höchste Offizier gilt nicht 
mehr als der Gemeine. Der Taglöhner speist hier ebenso gut als der 
Farmer unö Kaufmann, die zwei angesehensten Stände: er ist, wie sie, 
„Sir" oder „Herr". Eier, Fleisch, Milch, Kaffee, Maisbrot sind auf
	        
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