Volltext: Salzkammergut-Familien-Kalender 1926 (1926)

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entgegnete ich. „Aber sehen Sie doch an mir und meiner Fami¬ 
lie einen Gegenbeweis hievon: Mein Vater mußte als Mörder 
ins Grab, ich muß ein Wilderer sein, und doch sind wir un¬ 
schuldig! Ohne Skurpel würden mich die Harüs töten.- ich habe 
aber ihnen nie das geringste Leid zugefügt. Und zu alledem 
schaut der Himmel und die Welt ruhig zu!" 
Greifen wir Gottes Hand nicht vor. Sie deckt da auf, wo der 
Mensch zu verbergen wähnt und mißt mit dem Maße ein, mit 
welchem er ausgemessen hat!" tröstete der Priester. 
„Wenn der Christel bekennen muß, daß er mich falsch und 
unbegründet angeklagt hat, so will ich--" 
„Sie dürfen Gott nicht etwa Bedingungen machen!" fiel der 
Herr ein. „Nehmen Sie doch ein Beispiel an Ihrer Mutter: nie¬ 
mals hätte sie so viel Kreuz und Kummer durchmachen gekonnt, 
wäre ihr Glaube nicht bedingungslos und felsenfest gewesen!" 
Des Seelsorgers Auge wurde feucht. „Und einer solchen 
Mutter könnten Sie den großen Schmerz antun, den Glauben 
Ihres Herzens untergehen lassen in der Bitterkeit schlimmer Er¬ 
fahrungen?" 
Eine innere Stimme rief mir zu: „Verhärte dein Herz 
nicht! Es gibt eine ewige Vergeltung und du hast alsdann nicht 
nur umsonst gelittten, sondern auch noch Strafe zu gewärtigen." 
Ich fühlte es, meine tief bekümmerte Mutter befand sich in 
dieser Viertelstunde vor dem Allerheiligsten in der Spitalkirche 
und betet für mich. 
Der Herr Kaplan aber fuhr fort: „Ist Ihnen denn nicht der 
Sohn Gottes das beste, erhabenste Beispiel? Er ertrug falsche 
Anklagen, das Todesurteil und starb unschuldig den Kreuzestod!" 
„Ach ja", stammelte ich, „und ich Elender, Unwürdiger wehrte 
mich dagegen in blinder Selbstsucht. Ich habe schwer gesündigt 
durch die Verzweiflung an Gott, aber nun bereue ich es tief und 
möchte deshalb mein Gewissen so gerne durch das hl. Bußsakra¬ 
ment entlasten!" 
Also geschah es mit Hilfe des guten Seelsorgers. Den an¬ 
dern Morgen schon kam der Heiland selbst zu mir. Wie glücklich 
und zufrieden sah es nun in mir aus! Und welche Freude emp¬ 
fand meine Mutter darüber! 
„Dies habe ich meinem Freund zu verdanken", sagte ich lächelnd 
zu derselben. „Ich weiß übrigens nicht einmal, wie er heißt: 
kannst du mir's sagen?" 
„Albert v. Ehrenstein!" 
„So, ein vornehmer, adeliger Herr ist er?" rief ich fast erschreckt 
aus. —
	        
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