Volltext: Salzkammergut-Familien-Kalender 1926 (1926)

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befand ich mich in der großen Wohnstube des Hard sch eu, Hauses. 
Auf das lederüberzogene Kanapee gebettet, traf ich vom kalten 
Wasser, welches man über mich gegossen hatte- der heftigste Frost 
schüttelte mich, die Zähne schlugen mir hörbar zusammen. 
Ter Hausbesitzer war soeben vom Walde gekommen. Dort 
hatte er nach seinen Holzbauern gesehen, die das von ihm zu Ge¬ 
schäftszwecken angekaufte Holz zu fällen und zu zerkleinern Lat¬ 
ten. Herr Hard fluchte und wetterte über die bösen Gesellen hin¬ 
ein, die ihn eigentlich hintergangen, weil sie den Ofen zu früh auf- , 
gebrochen hatten. „Und erst der Junge — der könnte nun ebenso¬ 
wohl tot sein", schloß er. 
Zur halb geöffneten Nebenzimmertüre herein sah ich Christels 
boshaftes Gesicht, mit verschmitztem Lächeln aus mich gerichtet. 
Herr Hard erblickte denselben jetzt auch und gab ihm sofort 
einen Auftrag. „Geh in den Wald, Christel! Die Leute versäu¬ 
men sich, wenn sie ganz ohne Aufsicht sind. Ich will indes die El- ! 
lern des Hans von dem Unfall selbst unterrichten." 
Dieser kehrte in das für die Hard'sche Familie extra schön 
eingerichtete kleine Nebengemach zurück. Man hörte ein knar- 
redes Geräusch, wie von einer selten geöffneten Türe herrührend. 
Gleich darauf erschien Christel mit einer kräftigen Holzaxt, deren 
Stiel am unteren Ende mit einem eisernen Reif beschlagen war,' 
er warf die Axt auf die Schulter und schritt dem Augsang der 
Stube zu. Doch sollte er nicht bis zu demselben gelangen,' sein 
Vater hielt ihn schon in der nächsten Sekunde am Handgelenk so 
fest zurück, daß der große Bursche einen lauten Jammerschrei 
ausstieß. 
„Wer hat dir die Axt gezeigt?" donnerte der Mann seinen 
Sohn an. „Hinaus mit ihr in den Wandkasten!" 
Auf den Lärm hin stürzte die Frau des Hauses herbei. Sie 
entwand den beiden die Holzhacke und verschwand mit ihr im be¬ 
sagten Nebenzimmer. Wieder ließ'sich das Knarren der Türe 
vernehmen, dann folgte eine unheimliche Stille. Als Christel fort 
war, sagte Herr Hard mit grollender Stimme: „Mein Sohn wächst 
mir über den Kopf, da muß ich Aenderung schassen." 
Andern Tags stellte sich heftiger Brustschmerz bei mir ein- 
doch achtete ich dessen nicht, ich begab mich vielmehr in das Ge¬ 
schäft, um meinen Eltern keinen Ausfall des Taglohnes zu ver¬ 
ursachen. Julchen hörte mich husten- es sah mich mit seinen dunk¬ 
len Augen mitleidsvoll an und steckte mir geschwind einige Brust¬ 
bonbons zu. 
Um der Kleinen keinen Schmerz zu bereiten, nahm ich das 
Geschenk an und wankte nachher aus dem Hause.
	        
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