Volltext: Salzkammergut-Familien-Kalender 1926 (1926)

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„Ihr habt mein Leben gerettet," sagte ich und Tränen des 
Dankes entströmten meinen Augen. „Es soll Euch nicht gereuen, 
Ihr werdet reichlich dafür belohnt werden, wenn Ihr mich zu 
meinem Manne zurückbringt." 
Er schwieg und paffte mächtige Rauchwolken aus der Pfeife. 
„Aber, wie habt«FHr mich retten können in dem Sturme, ich 
begreife das nicht?" 
„Der „Rote Pfeil" sieht gut," antwortete er in schlechtem Eng¬ 
lisch, „sieht auch in -er Nacht. Sah das Boot untergehen — ein 
helles Kleid auf den Wellen — nah am Lande. Fuhr hinaus, 
ruderte gut. Brachte dich hieher." 
Das war das längste Gespräch, das der Indianer mit mir 
führte. Er war ungemein wortkarg und sprach fast nur, wenn er 
mir etwas befahl, aber dann rauh und abgebrochen. 
Bald fand ich, daß er eher im Sinne hatte, mich mit sich fort¬ 
zuschleppen, als zu meinem Manne zurückzuführen, denn er 
sagte, er brauche ein Weib und das Wasser habe ihm eines ge¬ 
schenkt. Ich drohte ihm mit schwerer Strafe. Allein er schien es 
nicht zu beachten und brummte endlich: „Schlafe wieder!" 
„Führt mich zu meinem Mann zurück und Ihr werdet er¬ 
halten, was Ihr wollt." 
„Still! Schlafe!" brummte er noch unwirscher. 
Als ich all Mein Bitten nutzlos sah, warf ich mich wieder 
weinend auf mein Lager hin. Da ich völlig erschöpft war, fiel ich 
bald wieder in einen festen Schlaf, aus dem ich erst erwachte, als 
der Indianer mich an den Armen schüttelte und mich ausstehen 
hieß. Zitternd und ängstlich schaute ich umher. Es war ein wilder 
Ort, fast ringsum starrten hohe Felsen wich an, nur von einer 
Seite war die Kluft geöffnet, aber da dehnte sich die weite Wasser¬ 
fläche aus. An ein Entkommen war nicht zu denken. Ratlos stand 
ich da und glaubte im Murmeln der Wellen, die an den Felsen 
sich brachen, meinen Toöesgesang zu hören. 
Der Indianer ging an das Ufer und kam bald mit einem 
großen Fisch zurück, den er aus einer Vertiefung des Felsens, die 
ihm zum Behälter diente, geholt hatte. Er weidete ihn aus, machte 
Feuer und befahl mir, den Fisch zu kochen. Ich tat es, so gut es 
bei dem Mangel der gebräuchlichen Geräte ging, und setzte ihm 
das Gericht vor. Es schien ihm nicht sonderlich zu behagen, denn 
er brummte in einer unverständlichen Sprache. Obwohl er mir 
auch ein Stück vorgelegt hatte, wollte ich nicht essen. Aber um ihn 
nicht zu erzürnen, tat ich mir Gewalt an und würgte einige Bis¬ 
sen hinunter. Sein Gesicht verzog sich zu einem häßlichen Lächeln: 
meine Folgsamkeit schien ihm zu gefallen. Ich aß, was ich konnte, 
und verbarg das übrige im Wigwam.
	        
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