Volltext: Salzkammergut-Familien-Kalender 1926 (1926)

„Das ist richtig. Indessen können wir niemand an Bord ha¬ 
ben, der sich der Ordnung nicht unterziehen will. Ich sagte euch 
schon früher, daß dies Nicht angehe, und ich sehe mich genötigt, euch 
in Ontonagon ans Land setzen zu lassen." Mit diesen Worten 
ging der Kapitän hinweg. 
Bald näherte sich der Steuermann wieder und sagte: „Warte 
nur, du rote Bestie, ich bin mit dir noch nicht quitt," 
Der Angeredete erwiderte nur durch einen verächtlichen 
Seitenblick, der den Gegner noch mehr erbitterte. 
„Was soll dieser Blick? Wenn du nicht zufrieden bist, will 
ich machen, daß du an die Kette kommst." 
„Ist gar nicht nötig. Wenn man mich in Ruhe läßt, so werde 
ich auch ruhig bleiben," erwiderte der Indianer. 
„Hören Sie, mein Herr," sagte Roth zu dem Steuermann, 
„die Behandlung dieses Mannes scheint mir unnötig grausam. 
Lassen Sie ihn in Ruhe und ich will Ihnen bürgen, daß er sich 
ordentlich aufführt." 
Der Indianer blickte erstaunt auf Roth und murmelte einige 
unverständliche Worte. 
„Tom, die Handfesseln!" ries der Steuerma'nn einem Schifss- 
jungön zu. Dann wandte er sich zu Roth und brummte: „Mischen 
Sie sich nicht in meine Händel, Herr! Ich dächte, die Passagiere 
hätten genug für sich zu sorgen und es gehe sie nichts an, was ich 
mache." 
Während Roth erzürnt, über diese grobe Antwort, mit ver¬ 
ächtlicher Miene dem Steuermann den Rücken kehrte, kam der 
Schiffsjunge mit den Handfesseln. Zum Glück leistete der Indi¬ 
aner keinen Widerstand,' mit einem zweideutigen Lächeln ließ er 
sich die Fesseln anlegen und unter Deck führen. 
Bald nachher zog Agnes ihren Gatten auf die Seite und 
sprach längere Zeit leise, aber lebhaft mit ihm, blickte ihn fragend 
an, und als er lächelnd nickte, ging sie mit triumphierender Miene 
von ihm weg und in die Kajüte des Kapitäns. Dieser, ein sehr 
artiger und gutmütiger Mann, erlaubte ihr, höchlich erstaunt über 
die sonderbare Bitte, den Indianer besuchen zu dürfen. Sie stieg 
in das Zwischendeck hinunter und drückte dem Gefangenen freund¬ 
lich die Hand. Dann unterhielt sie sich einige Zeit mit ihm, gab 
ihm einige von den feinen Zigarren ihres Mannes und ließ beim 
Scheiden ein Goldstück in seine Hand gleiten. Der Gefangene 
blickte sie voll Staunen und Rührung an und schaute ihr unver¬ 
wandt nach, bis sie den Raum verlassen hatte. 
Einige Stunden nachher kam der „Saturn" in Ontonagon 
an und der Kaufmann Roth weckte seine auf einem Kanapee 
schlummernde Gattin mit den Worten:
	        
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