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sie sich nochmals zu einem kurzen
Gebet vor dem Bilde der allerseligsten
Jungfrau, der Patronin Ungarns,
nieder, dann setzte sie sich an ihren
Schreibtisch und schrieb an den Grafen
Radany folgenden Brief:
„Hochgeborner Herr Graf!
Nur ungern komme ich, Sie zu
belästigen. Aber das, was ich Ihnen
s zu sagen habe, duldet keinen weiteren
^ Aufschub.H Sie haben sich so weit
gefehlt hat, so war er ein Verführter
und hat es aufrichtig bereut. Sie
haben Verrat an einem Unglück¬
lichen begangen. Ich muß Sie ver¬
abscheuen. Ich weiß auch, warum
Sie es getan haben, und das ist es
eben, was mich vor Ihnen schau¬
dern läßt.
Auch in unseren Ansichten über
Menschenwert, Menschenrechte und
Nächstenliebe sind wir himmelweit
auseinander.
Reue Jagdmethode.
vergessen, über mich, Ihre Verlobte,
Arges zu denken, ohne zu bedenken,
daß die Tochter des Grafen Magya¬
rossi selbst wissen und bestimmen
muß, was sich mit ihrer Ehre ver¬
trägt. Das würde ich Ihnen übri¬
gens gerne von Herzen verzeihen.
Aber Sie haben in der Leidenschaft
eines falschen Argwohnes, der in
nichts berechtigt war, und aus ge¬
kränktem Hochmut, dem ich eben¬
falls keinerlei Berechtigung zuge¬
stehen kann, den armen, kranken
Sohn eines unserer treuesten Diener
ohne jeden dringenden Grund dem
Kriegsgerichte überliefert. Wenn er
Ich sende Ihnen hiermit den
Verlobungsring zurück, Herr Graf.
Sie waren unter den vielen Be¬
werbern der einzige, dem ich von
Herzen zugetan war und dem ich
meine Freiheit gerne zum Opfer
gebracht hätte. Ich habe mich in
Ihnen getäuscht und ich will es
nun besser machen. Machen Sie
keinen Versuch, mich umzustimmen-
noch ehe Sie dieses Schreiben er¬
halten, bin ich an einem Orte, wo¬
hin Sie Ihre Schritte nicht lenken
können und wo ich sicher sein werde
vor den Enttäuschungen der Welt
und den Heimtücken ihrer Leiden-
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