Volltext: Salzkammergut-Familien-Kalender 1919 (1919)

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Das Friedensschwein. 
Eine bose Eheseschichte erzahlt von Bans Tamg er⸗Schwarzau. 
dem Wirt gefiel dieser Kniff und er 
fiel jedesmal, selbstzufrieden ein: 
Selbstverständlich, unser Herr Ge— 
meindewachtmeister soll leben! Wenn 
wir ihn nit hätten, wären wir schon 
alle abgebrannt und kein Stück Vieh 
mehr im Stalle!“ 
Das gefiel dem Lenz über alle 
Maßen und er ließ einen Liter nach 
dem anderen aufmarschieren, wobei zu 
bedenken ist, daß der Kriegswein von 
anno 1916 per Liter 3K 20 kostet, 
was den Weinbauern schon ein Riesen⸗ 
vermögen eingetragen hat, so daß sie 
eigentlich auch zu den Kriegsmillivnä— 
ren gerechnet werden müßten. So weit 
vachte aber uufer wackerer Lenz nicht, 
wohl aber der schlaue Wirt, welcher 
die doppelte Kreide sohr gewandt hand⸗ 
hahle. So kam das Neujahr 1917 heran 
und im Büchel stand der Gemeinde— 
wachtmeister schon mit über 500 an 
Weinschulden angemerkt. Das machte 
weder dem Schuldner noch dem Gläu— 
biger etwaiges Kopfzerbrechen. Der 
Lenz überließ die Sorge wegen des 
Bezahlens dem lieben Herrgott und 
der Wirt berechnete als Fachmann 
den Wert der Irtedenssau, die die 
————— 
So oft er an der Keusche des Nacht— 
wächters vorbeiging, unterließ er es 
nie, sich das vierbeinige Glückstier ge— 
nau anzusehen. Endlich glaubte er, 
daß sich die Schurd des freigebigen 
Windbrenner mit der Friedenssau 
decken würde und er sagte dem lieben 
Gast, daß er sich das Schwein als 
Deckung für die Zechschuld holen wolle. 
Das gab dem kleinen Lenz wohl fürs 
erste einen Ruck, aber er sah, daß sich 
die Saché nicht anders machen ließe, 
nur bat er ihn, seiner Ehehälfte vor— 
läufig vbn seiner Schuld nichts zu sa— 
gen. Das versprach ihm der Gemeinde— 
wirt auch 
Und am nächsten Tage erschien der 
Wirt mit seinem Knecht bei der Lenzin 
Der Windbrenner Lenz, seines 
Zgeichens wohlbestallter Nachtwächter 
von Erbsenbach, ist ein kleines, v er⸗ 
knorpeltes Männlein, dem man ein so 
hübsches, dralles Weib wie seine Nandl 
eines war, gar nicht zugetraut hätte. 
Und er war auch stolz auf sein resches 
„Nandl“. Manchmal war sie ihm frei— 
lich zu resch, besonders wenn sie Sonn— 
abends ungeahnt in die Gemeinde— 
wirtsstube kain und ihren lieben 
Manun am Rockärmel packte und barsch 
fagté: „Jetzt gehst heim, das Nachtmahl 
ist ferug!“ — Da gab's keine Wider— 
rede und der Lenz mußte widerwillig 
folgen. Die bösen Dorfbuben sagten 
ihr sogar nach, daß sie unter der 
Schürze in solchen Augenblicken einen 
Hasliuͤger verborgen hielte. Das wird 
wohl aber nur Erdichtung gewesen 
seiili 
Diese Nandl fütterte nun für ihren 
Lenz und sie ein Schweinlein, das sie 
so lange mästen wollte, bis zum Fa— 
sching der ersehnte Friede kommt. Alle 
Welt voraussagte nämlich bis dahin 
den. Weltfrieden und die Erbsenbacher 
sparten sich bis dahin schon ihre ver— 
schiedenen Räusche und sonstigen Ge⸗ 
nüsse aff. 
Das wäre alles recht schön gewesen. 
Aber eine Schwäche des Windbrenner 
machte den frommen Wunsch seiner 
Ehegesponsin betreffs des Friedens— 
schweines zuschanden. Diese Schwäche 
bestand darin, daß er, der kleine ver⸗ 
zwergelte Knirps auch gerne etwas 
Großes sein wollte. Es kränkte ihn, 
daß er nichts anderes sein solle, als 
simpler Nachtwächter. Das hatten die 
Dorfbuben schon längst heraußen und 
sie nützten dies zu ihrem Vorteil aus, 
indem sie den biederen Lenz beim Ge— 
meindewirtshaustisch nicht anders be— 
titelten als den „Herrn Gemeinde— 
wachtmeister“. Da hieß es denn fort— 
während: „Geh, Herr Gemeindewacht—⸗ 
meister, zahl' noch einen Liter!“ Und
	        
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