Volltext: Salzkammergut-Familien-Kalender 1919 (1919)

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men, wenn die Eroberung dieser Perle des 
zsterreichischen Küstenlandes von vorne— 
herein das strategische Hauptziel der ita— 
fienischen Heeresleitung wurde. 
Den natürlichen Schutz Triests bildet 
die den Unterlauf des Isonzo bestimmende 
bastionartig nach Westen vorspringende, 
150 bis 300 Meter hohe Karsthochfläche, die 
durch den Vallone in das westliche Plateau 
von Doberdo und das ostwärts sich daran 
inschließende Plateau von Comen geschie— 
den wird. Hier spielten sich daher die lang⸗ 
wierigsten und blutigsten Kämpfe des gan— 
jen italienischen Feldzuges ab. Heftig be⸗ 
sfürmt wurden ferner die Höhen, die west— 
sich und östlich des Isonzo die Zugänge 
zu dem zwischen der Karsthochfläche und 
zem Ternowanerwalde sich erstreckenden 
Wippachtale decken, denn durch dieses Tal 
führte der Weg in die rechte Flanke und 
n den Rücken der Verteidiger des Karstes. 
Richt minder heiß wurde schließlich die den 
Isonzo weiter nördlich knieartig nach We—⸗ 
len hinausdrückende Hochfläche von Bain— 
izza⸗Heiligengeist. deren Westrand den 
Fluß bis über 600 Meter überragt, um— 
rümpft: konnte doch die Eroberung dieser 
zas Gelände östlich des Isonzo von Nor— 
den her beherrschenden Hochfläche die ge— 
samte Isonzoverteidigung ins Wanken 
hringen und nicht nur Triest, sondern 
gleichzeitig auch Görz, ein weiteres Hoch⸗ 
ziel der Irredenta, den Italienern mühe⸗ 
sos in den Schoß werfen. Freilich bot da— 
sür ihre Bezwingung größere Gelände— 
schwierigkeiten als die der Karsthochfläche. 
In unmittelbarem Zusammenhang mit 
den Kämpfen an der Isonzofront standen 
die in Südtirol. Südtirol ragt derart tief 
sn die italienische Tiefebene hinab, daß die 
am⸗ gsonzo vperierenden italienis chen 
Truppen von dort aus so lange auf das 
schwerste in Flanke und Rücken bedroht 
erfchienen, als die nach dem Süden füh— 
renden Straßen Südtirols in öster— 
reichisch-ungarischen Händen verblieben. 
Die Itgliener waren daher aufs eifrigste 
bemüht, sich wenigstens Trients zu be— 
mächtigen, dessen Besitz ihnen die Sper— 
rung des Etschtales ermöglicht hätte. Die 
großen Geländeschwierigkeiten, die der 
Feldzug im Hochgebirge den Italienern 
hot, wurden teilweise aufgewogen durch 
hbie elnen konzentrischen Angriff ermög— 
ichende ausspringende Form Südtirols. 
Taͤtsüchlich fanden sowohl an der West— 
grenze, insbesondere am Stilffer Joche, 
wie an der Suͤd- und Ostgrenze, im Etsch- 
tale, auf den Hochflächen von Vielgereuty 
und Lafraun, im Suganatale, im Gebiete 
des Col di Lana und von Cortina d'Am⸗ 
pezzo sowie endlich in der Richtung auf 
daͤs Pustertal heftige Kämpfe statt. 
Den Kämpfen an der Kärntner Front 
und in dem benachbarten Gebiete des 
oberen Isonzo kommt dagegen nur ver— 
zältnismäßig untergeordnete Bedeutung 
zu. Denn es ist kaum anzunehmen, daß es 
im Plane der Italiener gelegen gewesen 
wäre, durch das Gailtal oder gar in der 
Richtung auf Tarvis, wo einstens Napo— 
leon auf dem Wege nach Wien bis nach 
deoben gekommen war, tiefer in die öster— 
eichischen Lande einzudringen. Denn seit 
Napoleon waren zu den natürlichen 
Schwierigkeiten zahlreiche schier unüber— 
windliche Befestigungen jener Wege hin— 
zugetreten. Die Kämpfe hier dienten dem⸗ 
ach wohl nur der Bindung österreichisch— 
ungarischer Kräfte. 
Die Italiener eröffneten die Feind— 
eligkeiten bereits in der Nacht vom 233. 
ruf den 24. Mai, und zwar an der ganzen 
vhrenze, ohne aber, trotzdem die Vertei— 
igung in den ersten Tagen nur aus eini— 
gen, aus Standschützen und Landsturm— 
alaillonen zusammengesetzten Brigaden 
Feftand, wesentliche Erfolge zu erzielen. 
Das wenige Gelände, das ihnen unter er— 
tterten Rückzugsgefechten überlassen 
vurde, war, als für die Verteidigung un— 
günstig, von vorneherein dazu— bestimmt 
Jewesen, preisgegeben zu werden. Ja, 
ucht einmal aller Boden, der nicht 
dauernd gehalten werden sollte, mußte 
virklich aufgegeben werden So das Do— 
berdoptateau, das nunmehr zu einer star— 
ken Stellung ausgebaut wurde. Vor allem 
aber war es den Italienern nicht gelun⸗ 
gen, in Südtirol die zur Sicherung ihrer 
gegen den Isonzo vorgehenden Truppen 
nötigen Gebiete zu besetzen. Gleichwohl 
—DDD 
geplanten Hauptstoß gegen Osten zu füh— 
ren. Am 20. Juni eröffnete starker Ge⸗ 
schützdouner den blutigen Reigen der 
Fsonzoschlachten. In der ersten, bis zum 
Fuͤli währenden, waren der südliche 
Teil der Hochfläche von Doberdo und der 
Brückenkopf von Görz im Wippachtale die 
Zauptangriffspunkte. Der geringe Ge— 
vinn, den diese Schlacht den Italienern 
einbrachte — veranlaßte sie in Hinkunft 
vpeiter auszugreifen. Es folgten die zweite 
Isonzoschlacht vom 18. Juli bis 10. Au— 
Fust, die dritte vom 18. Oktober bis zum 
3. Rovember und endlich die vierte vom 
D. November bis zum dd. Dezember, in 
zenen sich die Angriffsfront über das durch 
die Hochfläche von Bainsizza-Heiligengeist 
gebildete Isonzoknie hinaus bis zum 
Zrückenkopf von Tolmein, ja, in der zwei— 
sen und vierten Isonzoschlacht sogar bis 
zum Gebiete des Krnsausdehnte. Wurden 
zadurch zwar unsere ohnehin schwachen 
Verteidigungskräfte stark zersplittert — 
and das war wohl der Hauptzweck dieser
	        
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