Volltext: Salzkammergut-Familien-Kalender 1919 (1919)

70 
eures Hauptes sind gezählt,“ und „es 
fällt kein Sperling vom Dache ohne 
den Willen meines Vaters,“ spricht 
der Erlöser. Gott kennt sie alle, die 
Vermißten, und weiß um ihr Schick— 
sal und ohne seinen Willen wiroͤ ihnen 
kein Härlein gekrümmt. Und wenn sie 
wirklich 
Im Felde stumm gestorben, 
An Wunden tief und Weh, 
In Feindesland verodorben, 
Erfroren in Eis und Schnee, 
Von Möwen überflogen, 
Von Stürmen überjagt, 
Vom Siegestraum betrogen, 
Verschollen, totgesagf: 
dann wird kein Ehrenzeichen so reich 
und herrlich erdacht, das gleichkäme 
dem Zeichen, das der Allerhöchste selbft 
auf ihre Stirne gedrückt hat, und kein 
Glück auf Erden wird ihnen bieten, 
was sie in Heldenseligkeit genießen. 
Es gehl schon. 
Ein Prediger kam zu einem an— 
dern auf Besuch. Ich freue mich, dich 
zu sehen, sagte der Gastfreund, ich 
würde dich gern einladen, morgen hier 
zu predigen, wenn nur Eines nicht 
wäre. Was denn? fragte der Gast. 
Meine Kirchenbesucher haben die böse 
Gewohnheit, ehe die Predigt fertig ist, 
davon zu laufsen, so daß beim Amen 
fast niemand mehr in der Kirche ist 
Sonst nichts? Laß mich nur predigen. 
Der fremde Prediger stand am andern 
Tage auf der Kanzel, sagte den Text 
und leilte seine Predigt ein. Der erste 
Teil war für die Sünder, der andere 
für die Frommen. Nach dem er eine 
Zeitlang gesprochen hatte, sagte er: 
So, nun wäre ich mit den Sündern 
fertig und diese können jetzt fortgehen. 
Weiterhin spreche ich jetzt zu den 
Frommen.- Kein einziger ging hinweg 
— — — XJʒ.R„a” , e 
* — 
OæEyDIIA,æ — 222 
o — — F —898 
Vier Jahre Wellkrieg. 
Serbiens Nemesis. * 
Von Major Branko Blasich. 
Der Zwiespalt zwischen der Monarchie 
und Serbien besteht seit Jahr und Tag. 
Genau genommen, seit der Hattischeriff 
von August 1830 die Durchführung des 
Adrianopler Friedens und damit für Ser— 
bien das Ende der Türkenzeit gebracht 
hatte. Wohl blieb das autonome Serbien 
vorerst noch Provinz des Ottomanischen 
Reiches, doch sobald ihm die Zügel nicht 
mehr straff gespaunt waren, wurde es bock 
beinig und begann nach allen Seiten aus— 
zuschlagen. Nicht zuletzt, wenngleich noch 
sehr verstohlen, nach dem Habsburger— 
reiche. Es grollte eben von allem Anbeginn 
an seinem mächtigen Nachbarn, in dem es 
das Hindernis seiner längst gehegten — 
ungerechten — Aspirationen sah. Jedoch, 
weil es kaum noch auf eigenen Füßen 
stand, mußte es sich fürs erste bescheiden, 
und so merkte man eigentlich nichts von 
der Spannung, die zwischen den beiden 
Nachbarn nicht nuür tatsächlich schon be— 
stand, sondern auch bereits zum Stein des 
Anstoßes geworden war. Bemerkbar 
machte sich dies erst seit dem Jahre 1860, 
als sich in Südungarn — wo 1690 an vier— 
zigtausend Raizen ESerben) unter dem 
Ipeker Patriarchen Cernojevie, und dann 
wieder einige Tausend nach dem Türken— 
krieg 1791 eingewandert waren, und wo 
die serbischnationale Kirche im Patriar— 
chate von Karloyici ihre Fortsetzung fand 
— die allserbische Idee entwickelte. Sie 
wurde vom jungen serbischen Staat jen— 
seits der Donau alsogleich übernommen 
und ebenso entschieden dem eisernen Be— 
stande seiner Politik einverleibt. Damit 
wurde auch der Gegensatz der Interessen 
Serbiens und der Monarchie, sofern diese 
die ihrigen wahren wollte, jenes aber sie 
zu beeinträchtigen gedachte, so groß, daß 
er zum Zwiste führte. Man kann sagen, zu 
unheilbarem Zwiste — und schon gar, als
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.