Volltext: Salzkammergut-Familien-Kalender 1919 (1919)

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Un 
Rücken. „Albernheiten“, sprach die 
zungengewandte Celestina, „Albern⸗ 
heiten, welche mich 24 Francs gekostet 
haben“. Da allmählich immer mehr 
Leute in das Bureau kamen, welchen 
der Streit Spaß machte, suchte der Be— 
amte durch ein Kompromiß dem 
Streite ein Ende zu bereiten. Zu dem 
war auch Celestina bereit. „Wissen 
Sie was“, sagte der Beamte zu der 
Frau, „der Grundstock und das Fisch— 
beinnetz Ihres Regenschirmes sind un—⸗ 
verletzt und wie neu; für den Ueber— 
zug stelle ich Ihnen einen Schein aus, 
da wir mit jener Schirmfabrik in 
Geschäftsverbindung stehen. Sogleich 
ist der Schein ausgefertigt.“ Nach 
einer kurzen Weile sagte der Beamte 
„unod nun unterzeichnen Sie mit 
Ihrem Namen und daß Sie auf wei— 
tere Forderungen verzichten. Ich 
muß aber bemerken, daß Sie nur im 
Gnadenwege eine Vergütung erhalten. 
Wenn Sie den Rechtsweg betreten 
möchten, würden Sie bei Gericht 
überall abgewiesen.“ „Also bekomme 
ich doch eine Entschädigung“, sagte 
Celestina halblaut, froh, daß sie das 
letzte Wort behalten hat; unter— 
schrieb, nahm den Schein und eilte in 
das Regenschirm-Geschäft. Sie über— 
pab den Schein; die Verkäuferin las 
denselben und eröffnete der sieges— 
bewußten Celestina, daß sie kraft die— 
ses Scheines einen Regenschirm-Ueber— 
zug aus ordinärem Stoffe zu drei 
Franken erhalte, wie die ehrsamen 
Hökerweiber auf dem Obstmarkte de— 
ren gebrauchen. Celestina ward wü— 
rend; aber was konnte sie machen? 
Sie hatte ihren Verzicht auf weitere 
Entschädigung mit ihrer Unterschrift 
gefertigt. Das erste, als sie nach Hause 
kam, war, den Regenschirmstock ihrem 
Manne auf den Rücken zu werfen. Der 
hobb ihn auf, nahm den Ueberzug und 
ließ sich denselben won einer Nachbarin 
aufnähen. Der neue Regenschirm 
wurde nie mehr angebrannt. 
Das Leben und Treiben eines 2⸗m⸗ 
Minenwerferzuges in den Karpalhen 
Nach unserer bescheidenen Auffas-bescheidenes Nachtmahl zu holen. 
sung ist man im großen und ganzen Ganz draußen, bereits am Ende des 
über das Minenwerferwesen im all- Lagers, befinden sich die Ersatzbaracken, 
gemeinen informiert. Freilich, der wo die marschb ereiten Züge unterge— 
Minenwerfer gehört zu den neuesten bracht sind. Auch heute sind wieder vier 
Kampfmitteln und vor dem Feldzug Züge marschbereit, die Zugs komman⸗ 
hörte man nichts von diesem Trup⸗ danten sowie die Mannschaften warten 
penkörper. Schwer ist die Arbeit und schon auf das Apviso. Nicht lange dauert 
gefährlich das Hantieren; aber ein je⸗ es und es klingt durch die Baracken das 
der einzelne ist bemüht, sein Letztes Kommando „Umhängen“ und „Ver— 
darin zu leisten. Nun wollen wir es gatterung“, im Nu steht alles mit Sack 
versuchen, unseren geehrten Lesern ein und Pack in Reih' und Glied, nun geht 
wahrheitsgetreues Bild dieses Trup- es zur Kanzlei, wo den Kommandanten 
venkörpers im Felde wiederzugeben. die Papiere ausgefolgt werden, und 
Es ist ein herrlicher Mai-Abend, unter Abschiedsrufen und Beglück— 
wir befinden uns in einem großen wünschungen seitens der Kameraöschaft 
Lager in der Nähe Wiens. Die Mann-⸗ setzen sich die Züge in Bewegung in der 
schaft läuft froh und munter mit der Richtung zur Bahn, wo die Einwaggo⸗ 
Menageschale der Küche zu, um sich ihr nierung stattfindet. Nach Zurücklegung
	        
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