Volltext: Salzkammergut-Familien-Kalender 1918 (1918)

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schüchtert, die falsche Unterschrift des 
Testamentes mit aller Bestimmtheit 
für die der verstorbenen Mutter er— 
klärte und unbekümmert um das vwer— 
gängliche Erdengut, das sie betraf, von 
ihrer gerechten Forderung abstand, da 
war die Angelegenheit bald entschieden. 
Ludwig erhielt das hübsche Vermögen, 
das sich die Mutter mit fleißiger, ehr— 
licher Arbeit erworben hatte, zuge— 
sprochen, während Stanzi mit 200 Gul— 
den sich begnügen mußte. Und sie gab 
sich zufrieden damit, sogar auch dann, 
als der Bruder das elterliche Haus 
Fluch der bösen Tat hätte ihn erdrückt 
und so war er gegangen, um unter 
inderen Menschen die Stimme seines 
suälenden Gewissens zu betäuben. 
Stanzi hatte er zurückgelassen; diese 
hatte nach der Abreise des Bruders 
aus dem Vaterhause scheiden müssen, 
weil sie der gewissenlose Mensch nicht 
nur um ihr rechtmäßiges Erbteil, son— 
dern auch um die Unterkunft in dem— 
selben betrogen hatte und der neue 
Besitzer sie nicht duldete. Mit heißen 
Tränen in den Augen hatte sie Ab— 
schied genommen von den geliebten 
hotzmarkt in Büdalbanien 
verkaufte und in die Stadt zog, weil 
es ihn in der Heimat nimmer litt. Das 
flehende, so eigentümlich bis auf den 
Grund seiner schwarzen Seele blicken— 
de Auge der Schwester hatte ihn ver— 
folgt, Tag und Nacht. Im ganzen 
Dorfe war die Geschichte von seiner 
unehrlichen Handlungsweise ruchbar 
geworden, und wenn's ihm auch nie— 
mand ins Gesicht zu sagen getraute, so 
deutete doch alles mit Fingern auf ihn, 
und das konnte er nicht ertragen. Der 
Räumen und sich bei fremden Leuten 
ein Asyl gesucht, die besser und edler 
an ihr handeltenn. 
An das alles dachte Stanzi, als 
sie jetzt ihr Gebet vollendet hatte und 
ich erhob, um die Blumen, die auf der 
Mutter Grab blühten, mit frischem 
Wasser zu begießen. Sie dachte aber 
auch zurück an die Zeit, wo sie und 
Ludwig der Mutter zu Füßen gesessen 
waren und das schöne Lied sangen, das 
sie ihnen gelehrt hattet
	        
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