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er auch das bis jetzt unbegreifliche Ge—
heimnis, wie es ihm gelang, auch den
mindesten Verdacht von seiner eige—
nen Person abzuwenden.
In mein eigenes Gewand verklei—
det, vollführte er den Diebstahl. Da
ihn aber der Herr dabei ertappte, so
verwundete er ihn schwer, um nicht
entdeckt zu werden. Er erkannte aber
auch sofort, daß die Flucht mit den ge—
raubten Schätzen für jetzt unmöglich
Bon den Tiroler Bergen.
Ferdinand Gaigg, Friseur aus Altmünster
und Johann Daxner aus Ebensee.
sei. Was tat er? Er vertauschte seinen
Koffer, worin der gestohlene Schatz
sich befand, mit dem meinen, der be—
reits zur Abreise bereitstand.
Es gelang ihm auch, jede Spur und
allen Verdacht won sich abzuwenden,
und so blieb er bis auf diese Stunde
im Hause des Dienstherrn, welcher ihn
sogar reichlich beschenkte, da er dazu
beigetragen, daß der angebliche Dieb
und Mörder, der Hausinstruktor, der
Gerechtigkeit überliefert wurde. „Bis
zu meinem Tode“, bekannte er vor Ge⸗
richt, „hätte ich ganz ungehindert bei
dieser hochherzigen Familie bleiben
können. Mein Gewissen aber gab mir
keine Ruhe, so daß ich diesen Zustand
unmöglich länger auszuhalten im—
stande war. Das Bild des Unschuldigen
verfolgte mich vom Morgen bis zum
Abend auf Schritt und Tritt und vom
Abend bis zum folgenden Morgen
ebenso. Nur die verdiente Strafe,
welche ich jetzt ganz ruhig und erge—
ben erwarte, kann vielleicht mein un—
glückliches Dasein wiederum beruhi—
gen.“
Bei den letzten Worten ver—
stummte „Gospod Anton“. Eine Träne
sah ich über seine Wange rollen, die
hinab zur Erde file.
„Merken Sie sich, mein junger
Freund“, sagte er dann, „das Unrecht
bleibt nie unbestraft, die Rechtschaffen—
heit nie unbelohnt. Sei ein Mann, ein
Wort und erfülle das gegebene Ver—
prechen, mag es kosten, was immer.“
Diese betzte väterliche Mahnung war
mein Führer in meinem ganzen fol—
genden Leben. „Ich verabschiedete
mich“, sprach er, nachdem er die größte
Erregung niedergekämpft, wieder wei—
ter, „vom Hause, in dem ich so viele
Wohltaten empfangen, das aber auch
ansagbar bitteres Leid über meine
Seele gebracht. Man hat mich um Ver—
zeihung gebeten und zur Entschädigung
die Hälfte des ganzen Vermögens an—
getragen. *
Doch auf all das hatte ich während
der trostlosen Kerkerstunden verzich—
ten gelernt. Es war mir zum Ekel ge—
worden. —
Leichten und freudigen Herzens
trennte ich mich von meiner Verlob—
ten und erwählte mir eine andere
Braut, deren Namen einen ganzg an—
deren Klang hatte und „Arbeit, Mühe
und Leiden“ hieß.
Der heißeste Wunsch meiner Mut—
ter ging bald darauf in Erfüllung. Sie
hatte das Glück erlebt, ihren Sohn als
Priester des Allerhöchsten am Altare
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