Volltext: Salzkammergut-Familien-Kalender 1918 (1918)

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er auch das bis jetzt unbegreifliche Ge— 
heimnis, wie es ihm gelang, auch den 
mindesten Verdacht von seiner eige— 
nen Person abzuwenden. 
In mein eigenes Gewand verklei— 
det, vollführte er den Diebstahl. Da 
ihn aber der Herr dabei ertappte, so 
verwundete er ihn schwer, um nicht 
entdeckt zu werden. Er erkannte aber 
auch sofort, daß die Flucht mit den ge— 
raubten Schätzen für jetzt unmöglich 
Bon den Tiroler Bergen. 
Ferdinand Gaigg, Friseur aus Altmünster 
und Johann Daxner aus Ebensee. 
sei. Was tat er? Er vertauschte seinen 
Koffer, worin der gestohlene Schatz 
sich befand, mit dem meinen, der be— 
reits zur Abreise bereitstand. 
Es gelang ihm auch, jede Spur und 
allen Verdacht won sich abzuwenden, 
und so blieb er bis auf diese Stunde 
im Hause des Dienstherrn, welcher ihn 
sogar reichlich beschenkte, da er dazu 
beigetragen, daß der angebliche Dieb 
und Mörder, der Hausinstruktor, der 
Gerechtigkeit überliefert wurde. „Bis 
zu meinem Tode“, bekannte er vor Ge⸗ 
richt, „hätte ich ganz ungehindert bei 
dieser hochherzigen Familie bleiben 
können. Mein Gewissen aber gab mir 
keine Ruhe, so daß ich diesen Zustand 
unmöglich länger auszuhalten im— 
stande war. Das Bild des Unschuldigen 
verfolgte mich vom Morgen bis zum 
Abend auf Schritt und Tritt und vom 
Abend bis zum folgenden Morgen 
ebenso. Nur die verdiente Strafe, 
welche ich jetzt ganz ruhig und erge— 
ben erwarte, kann vielleicht mein un— 
glückliches Dasein wiederum beruhi— 
gen.“ 
Bei den letzten Worten ver— 
stummte „Gospod Anton“. Eine Träne 
sah ich über seine Wange rollen, die 
hinab zur Erde file. 
„Merken Sie sich, mein junger 
Freund“, sagte er dann, „das Unrecht 
bleibt nie unbestraft, die Rechtschaffen— 
heit nie unbelohnt. Sei ein Mann, ein 
Wort und erfülle das gegebene Ver— 
prechen, mag es kosten, was immer.“ 
Diese betzte väterliche Mahnung war 
mein Führer in meinem ganzen fol— 
genden Leben. „Ich verabschiedete 
mich“, sprach er, nachdem er die größte 
Erregung niedergekämpft, wieder wei— 
ter, „vom Hause, in dem ich so viele 
Wohltaten empfangen, das aber auch 
ansagbar bitteres Leid über meine 
Seele gebracht. Man hat mich um Ver— 
zeihung gebeten und zur Entschädigung 
die Hälfte des ganzen Vermögens an— 
getragen. * 
Doch auf all das hatte ich während 
der trostlosen Kerkerstunden verzich— 
ten gelernt. Es war mir zum Ekel ge— 
worden. — 
Leichten und freudigen Herzens 
trennte ich mich von meiner Verlob— 
ten und erwählte mir eine andere 
Braut, deren Namen einen ganzg an— 
deren Klang hatte und „Arbeit, Mühe 
und Leiden“ hieß. 
Der heißeste Wunsch meiner Mut— 
ter ging bald darauf in Erfüllung. Sie 
hatte das Glück erlebt, ihren Sohn als 
Priester des Allerhöchsten am Altare 
9. 
4 
B 
F 
5.
	        
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