Volltext: Salzkammergut-Familien-Kalender 1917 (1917)

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Doch nicht genug, an den Toten 
selbst wollte das Volk Rache nehmen. 
Man stürmt zur Gruft; die Tore zu 
derselben werden gesprengt, das wahn— 
sinnige Revolutionsvolk steht inmitten 
der Sargreihen. Einen Augenblick 
ttehen sie still. Vor Seiner Majestät, 
dem Tod, der seinen Heerbann hier 
versammelt, hahen sie Schauer, doch 
nur einen Augenblick. Ihr Führer, 
an dessen Hof sich zu sonnen die Gro— 
ßen Europas als Glück betrachteten. 
Geschändet im Tode noch lag er da, er, 
der einst in den Raubkriegen die deut— 
schen Rheinprovinzen durch seine Mar— 
schälle und Soldaten zur Wüstenei zer— 
treten ließ, der in blindem Hasse die 
Gruft der deutschen Kaiser erbrechen 
ließ. Nun wurde ihm Gleiches mit 
Gleichem vergolten durch die Söhne 
Blick in eine rumänische Bauernstube. 
Camille Desmoulins, feuert sie an. 
In wilder Raserei stürzen sie sich auf 
die Särge, reißen die Sargdeckel auf, 
zerraufen den Toten die Haare, 
schlagen/ ihnen mit der Faust 
ins Gesicht, schneiden denselben Glie— 
der ab, zerfetzen das Totengewand, 
werfen die Leichname heraus. Ein 
Tag genügt nicht; am zweiten und 
dritten Tag findet das furchtbare Werk 
seine Fortsetzung. Nicht ein Leichnam 
bleibt unberührt, alle, alle, werden 
zertreten, geschändt. 
Da lag denn auch jener König, der 
sich den stolzen Titel „Sonnenkönig“ 
beilegen ließ, dem im Leben niemand 
zu widersprechen wagte: Ludwig XIV., 
und Enkel jenes Volkes, das er be— 
herrscht hatte. Wer verkennt da die 
rächende Hand des Ewigen? 
Allein dies war noch nicht genug, 
das letzte Andenken, die letzte Erin— 
nerung an die Könige sollte vom Erd— 
boden vertilgt werden. St. Denys, das 
gewaltige Grabmal derselben, sollte 
vom Erdboden verschwinden. Man 
deckt das Bleidach ab, um Kugeln für 
die Revolutionsheere daraus zu gie— 
ßen, die wunderbaren Fenster, aus 
denen die Gestalten der Könige der 
Vorzeit nederschauen, werden zerschla— 
gen. Klagend und heulend zieht der 
Sturm durch die hohen Fensterbögen, 
der Regen schlägt hinein, Stück für
	        
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