Volltext: Salzkammergut-Familien-Kalender 1917 (1917)

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war wütend über den Mord und 
schwur dem königlichen Katzenmörder 
Rache. Die Katze spielte eine Rolle 
zu Lebzeiten. Brillante, so hieß das 
Tier, lag auf samtenem Bette neben 
dem Lehnstuhl ihrer Herrin. Von 
Zeit zu Zeit nahm die Gräfin den 
Liebling in ihre entblößten Arme, um 
ihn zu liebkosen. Daß die Katze mit 
Leckerbissen gefüttert wurde, ist selbst— 
verständlich. Die vornehmen Besuche, 
welche der mächtigen Gräfin die Auf— 
wartung machten, unterließen es nie— 
mals, sich umständlich um das Befin— 
gattin, viel bedenklicher. Diese Krisis 
beschäftigte auch den König so lebhaft, 
daß alle Audienzen abgesagt wurden 
und alle Schlosserarbeiten ruhten. In— 
folgedessen wurde auch der Erzbischof 
von Paris bei seinem König nicht vor— 
gelassen. Endlich fand sich der Krisis 
Lösung. Ludwig XVI. sandte einen er— 
fahrenen Diplomaten, den Baron Bre— 
teuil, ehemaligen franz. Botschafter am 
Wiener Hofe, zur Gräfin Maurepas, 
um zu unterhandeln und den JFrie— 
den wiederherzustellen. Nur die bün— 
digsten Versicherungen Breteuils, daß 
Mit vereinten Kräften gegen, Dsten. 
(Oberleutnant K. Weller, Oberweis.) 
den der Brillante bei der Gräfin und 
deren Dienerschaft zu erkundigen. Der 
Ministerpräsident war nahe daran, 
einem Schlaganfall zum Opfer zu 
fallen, so war er durch den „Fall“ 
bestürzt. Hätte England-an Frank— 
reich den Krieg erklärt, oder wäre eine 
wertvolle Kolonie vom Reiche abge— 
fallen, so wäre der Herr Minister nicht 
so aufgeregt u. bestürzt gewesen. Das, 
diesse schweren Sorgen, waren die Ur— 
sache, daß die Ministerkollegen Neker u. 
Sartine und Polizeidirektor Lenoir 
gar nicht, Erzbischof Beaumont so 
schlecht empfangen wurden. Eine 
ganze Karawane hochgestellter Leidtra— 
gender begab sich sofort nach Versailles, 
um der Ministersgattin ihr Beileid 
auszudrücken. Tatsache! Das war mehr 
als eine gewöhnliche Ministerkxvisis, 
das war die Krisis einer Ministers— 
der König nicht gewußt habe, daß der 
Liebling der gnädigen Frau Gräfin in 
seiner Werkstätte sei; ferners die 
Uebherbringung einer kostbaren Camée 
mit dem Namenszuge des Königs und 
das Versprechen, sobald als möglich ein 
der Brillante ganz ähnliches Miezchen 
der Ministersfrau verschaffen zu wol— 
len, könnte die schmollende und tief— 
verletzte Gräfin Maurepas wieder 
ausshhnen. Dies geschah 11 Jahre vor 
Ausbruch der Revolution! Der König 
soll erklärt haben, so lange er auf dem 
Throne sitze, habe er keine so peinliche 
Krisis durchgemacht als bei diesem 
Vorfall mit der Ministersgattin. Nun 
15 Jahre später, 1793, mußte der arme 
Herr unter Robespierre eine andere 
Krisis durchmachen, die ködlich 
endigte.“
	        
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