Volltext: Salzkammergut-Familien-Kalender 1915 (1915)

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empfangen und diesen, da er seine 
Brieftasche vergessen, in die Brusttasche 
seines Rockes gesteckt, in der darauf 
folgenden Aufregung jedoch denselben 
jedenfalls vergessen und um die Rolle 
Gold gewickelt habe. 
Jetzt trat er an das Schränkchen, 
wo er Arsenik unter besonderem Ver¬ 
schluß bewahrte. Mit fester Hand schüt¬ 
tete er ein Pulverchen von dem Gifte 
in ein Glas Wasser und leerte dasselbe 
mit einem: „Vergib mir meine 
Schuld!" 
Der Richter war am frühen Mor¬ 
gen sogleich mit dem Schuldschein zu 
dem Bürgermeister gegangen und 
hatte sich mit diesem auf den Weg nach 
der Hirschapotheke gemacht, als ihm der 
Hausknecht mit dem Briefe und der 
Nachricht des schrecklichen Ereignisses 
schon entgegen kam. 
Wie Meta diese Nacht zugebracht, 
läßt sich ermessen: Freude über die- 
Ehrenrettung des Toten und Schmerz 
bei dem Gedanken an den Verrat 
eines Mannes, den jahrelange Freund- 
Linr Hundr-Mylle. 
Still setzte er sich nun wieder irr 
seinen Sessel, und einsam rang er den 
letzten, furchtbaren Kampf, der ihm er¬ 
leichtert wurde durch den Gedanken, 
mit seinem Tode auch alles gesühnt zu 
haben, was er aus Liebe gefehlt. 
❖ ❖ ❖ 
Am nächsten Morgen durchlief die 
furchtbare Nachricht die Stadt, daß der 
Hirsch-Apotheker sich vergiftet habe. 
Der Brief, den man neben seiner 
Leiche gefunden und sogleich dem Un¬ 
tersuchungsrichter zugestellt hatte, ent¬ 
hielt ein vollständiges Bekenntnis sei¬ 
ner Schuld und die Bestätigung seiner 
Mitwissenschaft in dem blutigen 
Drama. 
schaft mit ihrem Vater verbunden, 
ließen sie nicht zur Ruhe kommen. 
Und als sie endlich entschlummerte, 
da woben die Geister des Glückes und 
der Hoffnung lachende Bilder durch 
ihren Traum und ließen sie erst spät 
gestärkt und seligen Friedens voll er¬ 
wachen. Wie herrlich sollte ihre Liebe 
und Treue belohnt werden. 
Ernst und feierlich begrüßten sie 
der Bürgermeister und der Richter, 
um sie zu der unerwarteten Wendung 
des Geschicks aus vollem Herzen zu 
beglückwünschen. Erschüttert las sie 
das Bekenntnis des Selbstmörders, 
der sein Vergehen nur mit der wahn¬ 
sinnigen Leidenschaft, die ihn so spät
	        
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