Volltext: Salzkammergut-Familien-Kalender 1915 (1915)

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Hirsch-Apotheke wärmer, als draußen 
im Walde, — eine romantische Liebe 
hat in unserer praktisch-materiellen 
Zeit keinen Sinn mehr, — das Geld 
entscheidet alles." 
Das letzte Argument schien ihm in¬ 
dessen keinen rechten Trost zu gewäh¬ 
ren, er erhob sich und schritt unruhig 
aus und nieder. 
„Es wäre ein unauslöschlicher 
Schimpf für mich, wenn ich solchem 
Hungerleider, einem Jägerburschen, 
das Feld räumen sollte, lieber würde 
ich kein Wort von meiner Werbung 
sagen. Aber die Meta ist zu schön, mutz 
mein werden, wofür wäre ich denn 
sonst der reiche Hirschapotheker?" 
Mit diesem Schlußsatz zufriedenge¬ 
stellt, setzte er sich wieder zu seinen 
Schachfiguren und vertiefte sich in das 
Studium derselben so sehr, daß er die 
Rückkehr des Kaufmannes kaum be¬ 
merkte. 
„Da bin ich mit dem Gelde", sprach 
dieser vergnügt, „und hier ist der 
Schein, dem Ihr nur Eure Unterschrift 
hinzuzufügen habt. Ueberzählt das 
Geld, es sind lauter gute Banknoten, 
Apotheker, ich möchte die Sache vor dem 
Schlafengehen geordnet haben, wenn 
auch nur erst in provisorischer Weise." 
„Ihr seid ein rechter Pedant, alter 
Freund", lachte Oderstedt, indem er das 
Geld überzählte und dann an seinen 
Schreibtisch trat, um den Schein, den 
er flüchtig überlas, zu unterschreiben. 
„So hier habt Ihr den Wisch, nun seid 
Ihr wohl zufrieden und habt Zeit zu 
einer wichtigeren Unterhaltung." 
Hildberg faltete den Schuldschein 
zusammen und steckte ihn, nachdem er 
vergebens nach seiner Brieftasche ge¬ 
sucht, in die Brusttasche seines Rockes. 
„Na, was gibt's denn noch Wichti¬ 
geres für Euch, als das Geld", lachte 
er dabei mit gutmütigem Spott, „wäret 
Ihr jung, so würde ich behaupten, es 
handle sich um eine Liebe." 
„Und wenn solches nun wirklich bei 
mir der Fall wäre, Hildberg", versetzte 
der Apotheker langsam, „haltet Ihr 
dies für so unmöglich?" 
Der Kaufmann starrte ihn fast er- s 
schreckt an und lächelte dann ungläubig. 01 
„Ah, ah, ist der Entschluß so rasch M1 
gekommen?" 
„Das nicht, ich trag mich schon feit ; L 
einem halben Jahre damit herum. Was > ' 
meint Ihr, wenn ich dabei an Eure 0 
Meta gedacht hätte?" 0 
„Meine Meta?" wiederholte Hild- — 
berg, „das ist ein kurioser Gedanke, g, 
nehmt es mir nicht übel, Freund Oder- f( 
stedt!" 
„Warum kurios?" fragte dieser 
stirnrunzelnd, „bin ich wirklich so alt 
und häßlich, um nirgends mehr anklop¬ 
fen zu dürfen?" 
„Gott bewahre, Ihr seid ein Mann 
in den besten Jahren, stattlich, — reich, 
— solide, was will ein Mädchen mehr? 
Und wenn ich's mir recht überlege, 
Apotheker, dann müßte meine Meta 
dem Himmel dankbar sein für einen 
solchen respektablen Freier." 
„Ihr habt also nichts gegen meine 
Werbung?" fragte Oderstedt. 
„Nicht das Geringste, — ich bin im 
Gegenteil jetzt ebenso sehr erfreut dar¬ 
über, als die Idee mich zuerst über¬ 
raschte. Hier habt Ihr meine Hand, 
wenn's Euer heiliger Ernst ist." 
Oderstedt ergriff freudig die darge¬ 
reichte Hand. 
„Wenn wir damit am Ziele wären!" 
meinte er dann unruhig,' der Jäger- 
bursche aus dom Forsthause sitzt ihr 
wohl noch im Herzen?" . 
„Den habt Ihr nicht mehr zu fürch¬ 
ten!" versetzte Hildberg mit fester 
Stimme. „Meine Tochter weiß, daß sie 
sich, so lange ich lebe, auf den Sohn des ^ 
Försters Walde keine Hoffnung machen ; ir 
kann,' sie kennt meinen unbeugsamen n 
Sinn und wird nach der Szene, die sich 
vor Monatsfrist, als er es wagte, um « 
ihre Hand bei mir zu werben, in mei- !> 
nem Hanse zutrug, nicht weiter an ihn 
denken." ■ ^ 
„Hm, Ihr scheint wunderliche Be- $ 
griffe von dem Gehorsam Eurer Toch- hl 
ter sowohl als Eurer väterlichen Macht 
zu hegen, Hildberg, wenn Euere Ueber-
	        
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