Volltext: Salzkammergut-Familien-Kalender 1915 (1915)

Vollendung der Rechtsstudien jenen 
der Theologie zu widmen. Am 21. De¬ 
zember 1878 zum Priester geweiht, be¬ 
zog er die Academia degli Nobili in 
Rom betreffs höherer Ausbildung. 
Frühzeitig zum Geheimkämmerer Sr. 
Heiligkeit ernannt, trat er als Sekre¬ 
tär für außerordentliche auswärtige 
Angelegenheiten für seinen Vorgän¬ 
ger Rampolla im Vatikan ein, um 
dann diesen im Jahre 1883 am 28. Mai 
nach Madrid zu begleiten, wo Ram¬ 
polla bis zum Jahre 1887 die Würde 
eines Nuntius bekleidete. Zugleich 
mit Kardinal Rampolla kehrte Gia- 
coma della Chiesa nach Rom zurück, im 
Jahre 1887, dem Jahre der Kardinals¬ 
ernennung Rampollas. Rampolla 
wurde Kardinal-Staatssekretär und 
della Chiesa fungierte unter seinem 
Staatssekretariate als Sekretär und 
Rinutant im Staatssekretariate', bis er 
selbst zum Unterstaatssekretär erhoben 
wurde, welche Würde er bis 1907 be¬ 
kleidete, in welchem Jahre er zum 
Erzbischof von Bologna bestellt wurde. 
In seiner Eigenschaft als Unterstaats¬ 
sekretär fungierte Mons. della Chiesa 
auch als Professor für kirchliche Diplo¬ 
matie an der Academia ecclesiastica. 
Seine stetige seelsorgliche Betätigung 
neben den diplomatischen Geschäften 
wurde bereits eingangs erwähnt, und 
fand dieselbe während der sieben Jahre 
seines Episkopates die herrlichste Krö¬ 
nung durch Proben hervorragender 
Begabung und ungemein großen pa- 
storellen Eifer Sein Seeleneiser galt 
und gilt als ebenso groß und seine 
glückliche Hand in praktischer Seesorge 
als ebenso unzweifelhaft, wie seine 
hervorragende diplomatische und poli¬ 
tische Begabung, deren bester Beweis 
die Tatsache ist, daß er der einzige war, 
dem Rampolla alles anvertraute. In 
jeder Hinsicht wird seine Energie und 
seine praktische Hand in religiösen, 
diplomatischen und politischen Dingen, 
sowie seine profunde Geschäftskennt¬ 
nis gerühmt 
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Die Wahl della Chiesa's war umso 
überraschender, als man seinerzeit mit 
dem Rücktritt Rampollas auch die Zu¬ 
kunft seines Schülers und treuen Mit¬ 
arbeiters so ziemlich für bendigt und 
abgeschlossen erachtete. Die Vorsehung 
hatte es anders beschlossen und, wo¬ 
rauf alle Anzeichen deuten, zum großen 
Segen und Heile der Kirche. Der neue 
Papst, der erst am 23. Mai 1914, also 
zum letzten möglichen Termine für 
das diesmalige Konsistorium Kardinal 
wurde, steht, wie aus allem Gesagten 
hervorgeht, in sicherer Perenität auf 
den Schultern großer Vorgänger. 
Durch Rampolla mit dem großen Leo 
dem Dreizehnten verknüpft, also auch 
ein Schüler des großen Meisters, ver¬ 
bindet ihn mit Pius dem Zehnten eine 
stark ausgesprochene seesorgerliche 
Seite, die der Heimgegangene Pius 
wohl auch hauptsächlich durch die Kar- 
oinalserneunung ehren wollte -- also 
die harmonische, glückliche Gleichung 
zwischen zwei großen Welten, die sich 
m den Pontifikaten Leo des Dreizehn¬ 
ten und Pius des Zehnten gegenseitig 
ergänzten 
Es ist also nicht der Jubel darüber, 
daß wir wieder einen Papst haben unv 
die Kirche wieder ihren Summus Pon¬ 
tifex besitzt, allein, der uns nach der 
diesmaligen Papstwahl erfüllt Es ist 
die Freude darüber, daß die Vorsehung 
uns gerade diesen, zu seinem Amte so 
herrlich prädestinierten Mann beschie¬ 
ßen. Vertrauensvoll blicken die Mil¬ 
lionen Katholiken der ganzen Welt 
auf ihn, auf den in den gegenwärtigen 
Zeitläuften eine geradezu gigantische 
Arbeit harrt, welche die Energie, 
Ueberzeugnngstreue und profunde 
Kenntnis ebensowohl wie den religiö¬ 
sen Heroismus erfordert, die den 
neuen Mann auszeichnen. Möge der 
Herr, der bei der Wahl die Bahnen 
gewiesen, auch für das Pontifikat die 
herrlichste Erfüllung dessen geben, 
was die ganze katholische Welt 
hofft.
	        
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