Volltext: Salzkammergut-Familien-Kalender 1914 (1914)

97 
mcr. Nach buddhistischer Anschauung soll 
die in den Tierleib verbannte Seele ihre 
Sünden Hützen, bis sie gereinigt und ge¬ 
läutert ngch einiger Zeit den Kreislauf 
des Lebens in einer höheren Abteilung 
aufs neue beginnen darf, bis alle Erden- 
pilger und selbst die Verdammten in der 
Hölle entsündigt, mit Verdiensten berei¬ 
chert und in der Tugend erprobt einge¬ 
hen in das Nirvana der ewigen Ruhe, 
ewiger, vollkommener Glückseligkeit. So 
findet sich auch hier nach den Worten Goe¬ 
thes: Viel Irrtum und ein Fünkchen 
Wahrheit, nämlich die Wahrheit, datz mit 
dem Tode nicht alles aus ist, wie die mo¬ 
dernen Ungläubigen zu glauben vorgeben, 
das Land hin zerstreut sind und das ganze 
Jahr hindurch geöffnet sind, öffnet die 
einzige Himmelspagode ihre Pforten nur 
zur Neujahrszeit, und zwar am 4. und 
5. Tage des ersten Monats für die Män¬ 
ner, an den beiden folgenden Tagen für 
die Frauen. Mir als Europäer und Prie¬ 
ster wurde durch eine besondere Vergün¬ 
stigung der Besuch dieses Tempels gestat¬ 
tet. Wie bei den übrigen Pagoden fand 
ich die Wände mit Malereien aus der 
Helden- und Göttergeschichte geschmückt. 
Die skülpturelle Darstellung der Himmels¬ 
freuden beginnt in der Nähe des Decken¬ 
gewölbes. Die Figuren sind etwa 20 bis 
30 Zentimeter hoch. An Gold und grellen 
Schloß Ambras, der neue Sommersitz des österreichischen Thronfolgers. 
Erzherzog Franz Ferdinand hat das berühmte Schloß Ambras erworben und läßt den von herrlichen Parkanlagen 
umgebenen Bau genau so wiederherstellen wie ihn sein Vorfahre, Erzherzog Ferdinand II. von Oesterreich einst 
für seine Gemahlin, die schöne Augsburger Patriziertochter Philippine Welser, ausgestalten ließ. Das sogenannte 
„Hochschoß" soll der ständige Sommersitz der erzherzoglichen Familie werden. Unser Bild zeigt das Schloß in seiner 
jetzigen Gestalt. 
ferner die Wahrheit von dem besonderen 
Gericht, von der gerechten Vergeltung, 
von dem Reinigungsorte, allerdings ent¬ 
stellt durch die Wahnvorstellung von der 
Seelenwanderung und der Nichtewigkeit 
der Höllenstrafen. 
Soeben habe ich das Nirvana er¬ 
wähnt, das Paradies, den Ort nie enden¬ 
der vollkommener Glückseligkeit. Auch 
diese Wahrheit findet sich plastisch darge¬ 
stellt in einer ungewöhnlich hochgebauten 
Pagode in der Stadt Tungtschangfu. 
Während die Höllenpagoden zahlreich über 
Farben ist nicht gespart. Es ist eben ein 
echt chinesischer Himmel. Statt der geflü¬ 
gelten Engel versehen kurzgeschorene 
Bonzen den Dienst. Mächtige Strautz- 
vögel und farbenprächtige Pfaue, Pferde, 
Maultiere, daneben auch prunkvoll aus¬ 
gestattete Sänften vermitteln den Ver¬ 
kehr. Blumige Auen, durchflossen von 
silberhellen Bächlein, stolze Paläste und 
kunstvolle Pagoden, befiederte Sänger, in 
reiche Gewänder gekleidete hohe Würden¬ 
träger und auf unglaublich kleinen Fü߬ 
chen trippelnde, schlitzäugige Frauen, kurz
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.