Volltext: Salzkammergut-Familien-Kalender 1914 (1914)

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Und doch war guter Rat mehr wie nö¬ 
tig? noch eine halbe Stunde in dieser 
Fahrgeschwindigkeit weiter, und der 
Truckerpaß war erreicht? ging's dann 
nun abwärts, über 4000 Meter hin¬ 
unter auf Sakraments zu, dann Gnade 
Gott jeder Seele da hinten im Zuge! 
Ich mußte alles versuchen. Vorsichtig 
beugte ich mich vor, vielleicht gelingt 
es mir den Hebel zu schließen und die 
Fahrgeschwindigkeit zu mäßigen, 
aber wie weit ich mich auch vorbeuge, 
ich kann ihn nicht erreichen. Der Bär 
war mir in meinen Bemühungen nicht 
hinderlich, er mochte bei der rasenden 
Eile der Fahrt, dem Schwanken und 
Springen der Maschine selbst Angst be¬ 
kommen haben, denn er kauerte zu¬ 
sammengeduckt auf dem Perron der 
Maschine, die Nase vor dem offen¬ 
stehenden Feuerloch, in das er mi߬ 
trauisch hineinblickte. 
Immer näher und näher kamen 
wir dem verhängnisvollen Paß, noch 
einen Versuch mußte ich wagen, ich 
beuge mich vor, schon gelingt es mir, 
den Griff des Hebels zu berühren, da 
verliere ich das Gleichgewicht und falle 
hinunter, gerade mitten auf den Bären 
drauf. Beim Lichte meiner Augen, ich 
gab keinen Quarter mehr für mein Le¬ 
ben? aber in der höchsten Gefahr wuchs 
auch mein Mut und meine Geistes¬ 
gegenwart ins Unendliche, und schnel¬ 
ler als ihr nur über die Situation klar 
geworden wäret, wußte ich was ich zu 
tun hatte. Mit der Schnelligkeit eines 
Blitzes war ich auf den Beinen, mit 
einem eisernen Griff faßte ich den Bä¬ 
ren am Hinterteil und mit übermensch¬ 
licher Kraft stoße ich ihn vorwärts und 
mit dem Kopf in die offenstehende 
Feuerung hinein. Das Tier vor 
Schreck und Schmerz halb rasend, fährt 
zwar sofort zurück, ich konnte es auch 
nicht halten, dazu würden wohl die 
Kräfte von zehn Menschen noch nicht 
ausgelangt haben, aber die Bestie ist 
doch so erschrocken und geängstigt, daß 
sie die verbrannte Schnauze mit beiden 
Pfoten bedeckend unter fürchterlichem 
Gebrüll wie wahnsinnig von der Ma¬ 
schine springt und wie von Furien ge¬ 
peitscht in den Wald stürzt, was mir 
sehr leid tat, denn ich hätte mir das 
Fell gern zum Andenken aufgehoben.. 
Aber daran dachte ich nur einen Au¬ 
genblick? meine erste Sorge war den 
Zug zum Stehen zu bringen, keine 
Viertelstunde mehr in dieser Fahrge¬ 
schwindigkeit und der Paß war erreicht, 
der Paß, von dem das Gefälle so stark 
ist — na, ihr wißt es ja alle und könnt 
euch vorstellen, was dann passiert 
wäre. Ich will von den Ovationen 
schweigen, ebenso von den Festen, die 
mir zu Ehren veranstaltet wurden, 
dann ist es nicht meine Manier von 
mir und meiner Person zu reden. 
Das war die schnellste Fahrt, die ich 
je gemacht, die schnellste, die bis dahin 
in den gesegneten Vereinigten Staaten 
gemacht worden ist und die Prämie, die 
dafür gezahlt worden ist, war selbst¬ 
verständlich auch die höchste, die bis da¬ 
hin gezahlt wurde. Aber ich habe sie 
nicht für mich verwendet, da ja nicht 
ich, sondern der graue Bär den Zug 
während der schnellen Fahrt geführt 
hatte. Und ich sage euch, die Summe 
war enorm! Was gilt die Wette, es rät 
keiner die Höhe derselben und auch 
nicht die der Fahrgeschwindigkeit des 
Zuges? Nun, was glaubt ihr? —" 
„Die Hälfte! — wenns hoch kommt!" 
sagte einer vom Tische und trocken 
setzte er hinzu: „Wenn die Geschichte 
überhaupt wahr ist! Diesmal lachten 
alle und Tom Drefas grinste mit ver¬ 
schmitztem Lächeln. 
Aus dem Gerichtssaal. Richter: „Wa¬ 
rum Haben Sie die Kasse Ihres Chefs er¬ 
brochen? Sagen Sie es aufrichtig!" — An¬ 
geklagter: „Weil ich dachte, es ist was drin!" 
Heiteres. 
I« der Justruktionsstunde. Stabsarzt: 
„Und wie lange wird bei einem Ertrun¬ 
kenen die künstliche Atmung fortgesetzt?" 
— Musketier: „Bis der Mann tot ist!"
	        
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