Volltext: Salzkammergut-Familien-Kalender 1914 (1914)

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dort, obern Schnapsenhansl sein Haus 
kimmt er grad dahe." „Richti ja, da 
is er scho!" Und nun schwebte der 
Aeroplan mit großer Schnelligkeit 
über Las kleine Dorf dahin. Deutlich 
sah man in der Gondel die Mannschaft, 
ja auch die weiße Mütze des bejahrten 
Grafen Zeppelin glaubten einige zu 
sehen. Deutlich hörte man die Propel¬ 
ler surren, ein paar blanke Maschinen¬ 
teile blitzten in der Sonne, und pfeil¬ 
schnell verschwand der Riesenballon im 
Westen. Alle im Dorf waren hochbe¬ 
friedigt von dem Anblick, nur die alte 
Haarstubn-Lena war erschreckt in ihr 
Stübl zurückgeeilt und einmal über 
das anderemal rang sie die Hände und 
jammerte: „Na, was da Mensch alls 
erlebn muaß! Das geht nöt mit rech¬ 
ten Dingan zua, da is da Teufl dabei!" 
Aus dem Leben. 
Ein armer, aber geschickter Schrei¬ 
nermeister erhielt durch Empfehlung 
die Arbeit in einem angesehenen Kauf¬ 
mannshause. Der Kaufmann bestellte 
zur Aussteuer seiner Tochter für meh¬ 
rere Tausend Mark schöne Möbel bei 
ihm. Der Schreinermeister, hoch er¬ 
freut, eilte nach Hause und erzählte 
seiner Frau das gehabte Glück. Als 
die erste Freude vorüber war, kam der 
hinkende Bote nach, und die Frau 
stellte die Frage auf: „Wo nun die be¬ 
deutende Auslage hernehmen?" Den 
neuen großen Kunden um Vorschuß 
zu bitten, das ging nicht,' denn dadurch 
hätte man vielleicht die ganze Bestel¬ 
lung rückgängig gemacht. Reiche 
Freunde hatte der arme Handwerks¬ 
mann nicht, wo blieb nun eine andere 
Zuflucht, eine so bedeutende Summe, 
die doch zur Auslage gehörte, herbei¬ 
zuschaffen, als von einem Wucherer? 
Der war auch bald gefunden und 
erklärte, nachdem er sich von der Rich¬ 
tigkeit der Bestellung überzeugte, — 
„aus Menschenliebe" gegen einen 
Wechsel für hohe Prozente auf drei Mo¬ 
nate das benötigte Geld herzugeben. 
Fleißig arbeitete der Schreiner¬ 
meister und bald standen zwei Dutzend 
der herrlichsten Stühle, ein schöner 
Schrank usw. fertig zum Lobe des 
glücklichen Meisters da. In seinem 
Sonntagsrock gekleidet ging unser 
Schreinermeister neben den Trägern 
her, und hoch pochte ihm das Herz vor 
Freude, wenn Vorübergehende die 
schöne Arbeit lobten. 
Als man im Hause des reichen 
Kaufmannes angekommen, lief alles 
zusammen, das Neue zu beschauen,' 
auch der Hausherr wurde gerufen, lä¬ 
chelte beifällig und zufrieden. „Er soll 
in Zukunft mein Schreiner sein, denn 
die Sachen sind lobenswert,' laß er nur 
alles behutsam niedersetzen. Gott be¬ 
fohlen!" — und damit ging er aufs 
Kontor, der Schreiner nebst Gesellen 
bald darauf aus dem Hause. 
„Meister", sprachen diese, „der 
Herr schien ganz zufrieden und wie 
reich muß der sein! Da hat der Mei¬ 
ster einen guten Kunden erhalten." 
„Jawohl, Leute, das hab' ich und 
ich bin auch hoch erfreut darüber!" 
Doch auf dem Gesichte des guten 
Handwerksmannes war eben keine 
Freude zu sehen, denn er dachte da¬ 
ran, daß die drei Monate in acht Ta¬ 
gen verflossen waren und der reiche 
Kaufmann ihm von Bezahlung keine 
Silbe gesagt hatte. Wie sollte das nun 
werden? Traurig saßen die beiden 
Eheleute beisammen. Da sprach die 
Frau: „Auf, lieber Mann! fasse ein 
Herz, geh' zu unserm neuen Kunden 
und bitte ihn um Bezahlung. Er wird 
doch nicht herzlos sein, sondern uns 
bezahlen." 
Und der Meister ließ sich bereden. 
Schwer schlug ihm das Herz, krampf¬ 
haft drückte er die Krämpe seines Hu¬ 
tes zusammen, als er nun die Tür des 
Kontors geöffnet und vor sich rechts 
und links an hohen Pulten ein Dutzend 
emsig arbeitender Kommis gewahrte.
	        
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