Volltext: Salzkammergut-Familien-Kalender 1914 (1914)

letzten Mittel greifen, Las mir übrig 
blieb — es mar Las folgende: 
„Ich erinnerte mich, ein Spitzeisen 
in der Tasche zu haben, und in kürze¬ 
rer Zeit, als ich Hier brauchte, die ge¬ 
fürchteten Folgen meines Verfahrens 
anzudeuten, hatte ich es gegen eine 
der eisernen Platten gesetzt und mit 
Hilfe des Holzhammers hindurchge¬ 
trieben. Das Wasser sprudelte ans der 
Oeffnung — ob sie es sahen? Nein! 
Eine hölzerne Wand verbarg den 
Strahl noch jetzt ihren Augen — es 
mußte erst Wer das Deck laufen, ehe 
sie den Leck gewahren konnten. Sollte 
ich, um die Oeffnnng zu vergrößern, 
ein zweites Loch schlagen? Das Wasser 
schien sich zu verringern,' lief noch 
mehr ab, so war ich in Gefahr, es auf 
den eisernen Platten, die schon gegen¬ 
wärtig meine Füße brannten, kochen 
und zischen zu hören! 
„Ha! jetzt sehen sie's — ich höre 
Stimmen — sie rufen nach einem 
Brecheisen — die Planken krachen, als 
sie abgerissen werden — sie Haben den 
Leck entdeckt — sie versuchen, hinan zu 
kommen. — Guter Gott, warum lö¬ 
schen sie nicht erst das Feuer aus — 
warum rufen sie nach — 
„Fremder, seht Ihr den Finger 
hier? Er wird nie seine natürliche 
Gestalt wieder erhalten, hat aber all' 
die Dienste geleistet, die ein Mensch 
von einem so geringfügigen Glied er¬ 
warten konnte. — Sir! das Loch wäre 
einen Augenblick später wieder ver¬ 
st o p f t worden, hätte ich nicht eben 
diesen Finger hindurchgeschoben! 
„Ich hörte den Schrei des Ent¬ 
setzens, als sie ihn draußen bemerkten 
— hörte den Ruf, die Feuer zu löschen, 
die ersten Stöße der Kaltwasserpumpe,' 
sie sagen auch, daß ich nicht besinnungs¬ 
los gewesen wäre, als sie mich heraus¬ 
geholt hätten, aber ich weiß nichts 
weiter davon, als daß ich, nach mehr¬ 
stündiger Ohnmacht in meinem Bette 
des Krankenraumes erwachte und wo¬ 
chenlang an einer schweren Krankheit 
Larniederlag, welche mir die entsetz¬ 
liche Angst zugezogen, die ich in dem 
Dampfkessel durchlebt hatte." 
Der „Zeppelin" komml! 
Montag den 9. Juni 1913 gab es 
in vielen Ortschaften und Dörfern 
Oberösterreichs große Aufregung. Das 
Luftschiff „Sachsen" des Fürsten Zep¬ 
pelin war auf seinem Fluge nach Wien 
sichtbar geworden und alles rannte 
und eilte hinaus ins Freie, um das 
noch nie gesehene neue Weltwunder 
zu besichtigen und anzustaunen. Der 
„Zeppelin" kommt! Wie ein Lauf¬ 
feuer war die Kunde durch das kleine 
entlegene Dörfchen geeilt. Der Sep- 
perlveichtlhiasl, der gerade draußen 
auf der Wiese mit Futtermähen für die 
Kühe beschäftigt war, hatte den „Zep¬ 
pelin" zuerst gesehen. Ganz fern am 
Horizont zog sich das langgestreckte, im 
Sonnenschein gelblich leuchtende Ding 
hin. Es wurde größer und größer, kam 
näher, kein Zweifel, es war der „Zep¬ 
pelin", dessen Vorüberslug für heute 
ja schon in den Zeitungen angekündigt 
war. Und aufgeregt, voll Stolz, der 
erste gewesen zu sein, der es zu Gesicht 
bekommen, der es den anderen avisiert, 
stürzt der Sepperlveichtlhiasl der Dorf¬ 
straße zu, nur immer aus voller Kehle 
brüllend: „He, Leutl, kemmts, he 
kemmts, da „Zeppelin" kimmt scho!" 
Und alle, alle kamen, alt und jung. Der 
Dorfschmied und sein Geselle ließen 
das Eisen kalt werden, der Tischler 
rannte von der Hobelbank weg samt 
seinen Buben, der Schuster warf den 
Stiefel weg, den er eben neu besohlen 
wollte, die Bäuerin nahm ihr Kleinstes 
von der Wiege auf den Arm, alles eilte 
hinaus, selbst die Gäste tot Wirtshaus, 
um den „Zeppelin" zu sehen, so daß 
vor dem plötzlichen Aufruhr im Dorfe 
die Gänse schreiend reißaus nahmen. 
„Wo is er denn? I siag 'n nöt!" „Dort,
	        
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