Volltext: Salzkammergut-Familien-Kalender 1914 (1914)

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wie nie zuvor. Den blauen Augen 
entfiel eine Tränenperle nach der an¬ 
deren und halbunterdrückte Seufzer 
entrangen sich der beklemmten Brust. 
Dann arbeitete das arme Geschöpf 
wieder eine Weile, allein die Gedanken 
mußten bei ganz anderen Dingen wei¬ 
len. Unruhig setzte die Betrübte ihre 
Beschäftigung aus und schlich leise, mit 
den Fußspitzen den Boden kaum be¬ 
rührend, nach einer Ecke des Raumes, 
wo im Halbdunkel ein grob zusammen¬ 
gezimmertes, morsches Bett stand. 
Furchen, welche das Elend auf dieser 
Stirne gezogen, machten die Leidende 
um ein Jahrzehnt älter. 
Mit verzweifelnder Geberde kehrte 
das Mädchen wieder zum Tisch zurück. 
„Umsonst", flüsterte sie, düster in 
das Licht blickend, „ganz umsonst. Keine 
Hoffnung will in dieses Herz einkeh¬ 
ren, kein Trost sich finden!" 
Sie schwieg, die Hände faltend und 
das nasse Auge gegen die Decke des 
Zimmers erhebend. 
„Wirklich keiner?" fragte sie sich 
Lin ulkiges Srchsergespgmi 
Einem Züchter ist es gelungen, sechs seiner Schützlinge unseres beliebten Borstentieres, des Schweines, so abzu¬ 
richten, daß dieselben geduldig sich einspannen und vom Sitz eines kleinen Wagens aus, wie ein Sechsergespann 
mit Pferden', dirigieren lassen. Ohne Murren und Grunzen geht's natürlich dabei nicht ab. 
Auf demselben lag die zweite Be¬ 
wohnerin der Hütte — des Mädchens 
Mutter. Schwere, tiefe Atemzüge ver¬ 
kündeten einen unruhigen Schlaf und 
ängstlich lauschte die Tochter der un¬ 
verständlichen Worte, welche die Fie¬ 
berkranke hin und wieder ausstieß. 
Das Antlitz der Frau war toten¬ 
bleich und furchtbar abgemagert, die 
Hände und Füße schienen einem Ske¬ 
lett anzugehören und die Linien und 
selbst mit leiser, bebender Stimme. 
„Ist nicht da oben ein Auge, welches 
auf jeden sieht, eine Kraft, welche wacht 
über alle? Und hat es der Himmel 
nicht gefügt, daß heute mein Paul zu¬ 
rückkehrt und mir und der armen, 
kranken Mutter wieder Stütze ist, wie 
früher? Und wird die Freude, deren 
Flügel über alles wegtragen, nicht 
auch den Fiebertraum verscheuchen 
können? Herr, tue wie dir gefällt, aber
	        
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