Volltext: Salzkammergut-Familien-Kalender 1913 (1913)

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sich herabgeschlichen und den Posten 
hinter der Stubentür bezogen hatte. 
Dann ging sie mit dem Kerzenlicht 
hinab und öffnete das Haustor. Der 
Hias rumorte: 
„Was klabasterst erst so laug herum, 
du Blindschleiche, du Spitzmaus?.. Ich 
wart schon ein Schi — Scho — Schalt¬ 
jahr da heruuteu und krieg die Glie- 
dersncht — bie Halsbräune . . . Ich 
will dir Füße machen, du Lehm- 
schnecke!" 
Das Tor schlug zu und langsam ging 
der Marsch über die Stiege hinauf. 
Droben im Hausgang stolperte der 
Hias über seine eigenen Beine. 
Hand. — Auf einmal erlosch das Ker- 
zeulicht. 
„Hummelhexen, — Flattermaus — 
wo hast das Licht?" schnaubte der Hias, 
„soll ich mir in dieser ägyptischen Fin- 
steruis die Nase einrennen?" 
Da faßte der Grotzknecht den Bauer 
mit eisernem Griff an dem Rockkragen 
und — wix, wax, wix, wax — ließ er 
den Birkenast auf dessen Schattenseite 
herniedertanzen. Frau Gretl aber rief 
laut dazu: 
„Da hast es jetzt einmal, du Sauf- 
aus, du Uuform! Hast mich lang genug 
gepeinigt — ich laß mirs nimmer ge¬ 
fallen — jetzt will ich dich herumholen!" 
r 
Êosnisdjp Wuknnnen. 
„Was!" schrie er, „einen Prügel hast 
mir da hergelegt, daß ich drüber fallen 
soll — Wart, du Schlange, du Rappen- 
aas — da hast dafür!" 
Er holte mit der Faust zum Schlagen 
aus, die Frau sagte mild: 
„Es ist kein Prügel, sondern bloß 
dein Schatten." 
„Was? mein Schatten ist ein Prü- 
gel?" räsonierte der Mann, „du willst 
mich schimpfen, — du — du Litteriu — 
die keinen Knopf hergebracht hat — 
und mir das schöne Gerstl wegfrißt 
und vertut . 
Sie waren durch die Stubentür hin- 
eingetreten. Hinter derselben stand der 
Großknecht mit einem fingerdicken, 
weichen, zügigen Birkenast in der 
„Blitzhagel — Hollerwetter," schrie 
der Mann, „schlagen tust du mich? Das 
soll dir nicht geschenkt sein? ich will 
sehen, wer Herr im Haus ist, du Litte- 
rin." 
Er wollte sich losreißen, aber der 
Griff des Knechtes hielt ihn ftahlfeft 
und wiederum sauste der Birkenast 
auf seine Hintere Provinz nieder — 
pitsch, patsch, pitsch, patsch, pitsch, 
patsch. 
„Jetzt kannst es sehen, wer Herr im 
Haus ist!" tönte die Stimme des Wei- 
bes unmittelbar neben seinem Ohr, 
„magst noch mehr?" 
„Grad noch einmal getrauen sollst 
dich, dann reiß ich dir Haar und Ohren 
aus," schanbte er.
	        
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