Volltext: Salzkammergut-Familien-Kalender 1913 (1913)

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Während das Todesurteil verlesen 
wird, küßt er wiederholt das Kruzifix, 
kniet nieder und betet mit kräftiger 
Stimme das letzte Vaterunser. 
Dann steigt er allein die Stufen 
zum Blutgerüste hinan. 
Der Unglückliche ruft noch einmal: 
„Jesus, Barmherzigkeit, sei mir ar- 
men Sünder gnädig! . . . 
Da fällt auch schon das Beil und 
der doppelte Mord ist gesühnt! . . . 
Der Geistliche betet für diese Seele ein 
De Profundis! . . . 
und da beide arm waren, so hatten sie 
soviel Kinder als der liebe Gott wollte. 
Zweiunddreitzig Jahre hindurch, jeden 
Tag, den Sonntag ausgenommen, ging 
er zur Fabrik und verdiente mühsam, 
durch die Stärke der beiden Arme und 
im Schweiße seines Angesichtes das 
karge Brot seiner vielgeliebten Fa- 
milie. 
Allein es kamen Streik, Arbeits- 
losigkeit, Elend und Krankheiten, mit 
allem was drauf und dran hängt. 
Trotzdem wurden der Bäcker, der 
Fleischhauer, der Arzt, der Apotheker, 
1/eilL Mendelssohn 
berühmter Komponist 
geb. am 3. Februar 1809 zuHamburg, gestorben am 4. November 1847 zu Leipzig (in Berlin begraben). 
Es war ein Arbeiter. . . 
Ein anständiger und würdiger 
Handwerker, gleich den anderen Arbei- 
tern, denen man jeden Tag beim Her- 
ausgehen aus den Fabriken begegnet. 
Als zwanzigjähriger Mann war er 
Soldat geworden und er. hatte manchen 
harten Felözug in den Kolonien mit- 
gemacht. 
In seinem 26. Lebensjahre ver- 
mählte er sich mit einer braven und 
frommen Seidenweberin von Pariot, 
der Vermieter und sogar der Regie- 
rungssteuereinnehmer stets bezahlt. 
Aber es kam auch eine Zeit, wo der 
Arm des Mannes schwächer wurde, der 
Magen leerer, die Knie gebogener— 
Eines Tages schüttelte der Fabriks- 
arzt den Kopf, indem er sagte: „Mein 
armer Durand, eure Gesundheit ist 
gänzlich verdorben und zerrüttet!..." 
Es war ein Vorzeichen des Endes. 
Der arme Arbeiter wurde gezwungen, 
die Arbeit aufzugeben und auszuruhen
	        
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