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Zu Tod erschrocken, riß der junge Bursch sich von
dem grauenhaften Anblick los und eilte in unsag
barem Entsetzen in die Mühle hinunter.
Dort meldete er, selbst totenbleich, was er ge
schaut. „Eine Frau — tot — eine Leiche — furcht
bar "
Die vier anwesenden Geschwister sahen einander
wortlos an. Dann gingen sie alle sofort mit dem
Adjunkten in den Hof hinauf, er solle sie hinfüh
ren und ihnen die Leiche zeigen.
Der Jüngling ging mit ihnen auf die Tenne —
wo niemand lag. Nur ein wenig Spreu war am
Boden verstreut.
„Wo ist sie gelegen, an welcher Stelle?" forschte
der junge Ingenieur.
Der Adjunkt bezeichnete genau den Ort.
Sofort rissen die Geschwister und er den Boden
auf, begannen zu graben — und fanden nichts.
Der Schweiß stand den jungen Leuten auf der
Stirn. Endlich hielten sie ein.
Wieder einmal wurde von ihnen allen der ganze
Hof vergebens durchforscht, so wie ihn vor fast
dreihundert Jahren die Bäuerin Susauna umsonst
durchsucht hatte. „Nichts — nichts!"
Verstimmt kehrten sie alle wieder in die Mühle
zurück.
Trotzdem sie nichts gefunden hatten, stand es
jetzt für sie fest, daß hier wirklich einmal etwas
Schreckliches geschehen sein mußte.
Sie hatten nun alle ein wachsames Auge, so oft
sie in den Hof hinaufkamen, aber nichts konnten
sie entdecken. Das Haus behielt sein Geheimnis.
Nach einigen Jahren, als der junge Bruder hei
raten wollte, verkauften die Geschwister den Hof
doch, teilten die Gründe und behielten sich nur die
Mühle. Es hatte sich nun doch ein Käufer gefun
den; in der Nachkriegszeit wurde jedes Gebäude
verwertet.
Der neue Besitzer richtete sich das Gehöft ein
und bewirtschaftete und bewohnte es wieder mit
seiner Familie, hielt auch Knechte und Mägde.
Wieder — nach langer Zeit — wurde nach rechter
Bauernweise in dem Hof gearbeitet. Er war end
lich wieder ein Bauernhaus geworden, wie es sein
sollte. In den so lange verlassenen Räumen regte
sich wieder tätiges Leben.
Der neue Herr mußte aber bald einsehen, daß
sein Besitz kein angenehmer Aufenthaltsort war.
Dennoch harrte er aus. Er hatte das Anwesen nun
einmal und war froh, irgendwo ruhig sitzen zu
können; es war trotz allem ein Heim, wie es viele
jetzt nicht hatten.
Er stellte eine elektrische Futterschneidemaschine
ein, und zwar auf der Tenne.
Im Jahre 1927 wurde dort eines Tages ein
Arbeiter vom elektrischen Funken erschlagen. Eine
der Schwestern aus der Mühle eilte auf die Un
glücksbotschaft teilnahmsvoll herbei. „Wie ist das
gekommen? Wie hat das geschehen können?!"
Die Leute im Haus aber waren ratlos und ga
ben verworrene Antworten. Da lief die Müllerin
selbst nach der Unglücksstätte — und sie mußte mit
Schauder sehen: der Tote lag genau auf derselben
Stelle, wo der Adjunkt die schwarze Frau hatte
liegen sehen.
Wieder ging ein Geraune durch das Haus und
durch den ganzen Ort. Wieder war ein Unglück
geschehen in dem unheimlichen Hof.
Der tote Knecht wurde im Hause aufgebahrt. Als
der katholische Geistliche zur Einsegnung kam, wa
ren alle Teilnehmer besonders ernst, auch der
Priester.
Er war ergriffen. Er hatte Mitleid mit dem auf
dem Felde der Arbeit Gefallenen — und auch er
muhte immerzu an die alte Sage denken. Er be
tete still zu Gott, er möge alles wenden, zum Bes
seren, zum immerwährenden Frieden. Er flehte
den Allmächtigen um die Gnade an, durch seinen
Segen das unglückliche Haus von dem Spuk be
freien zu können.
Auch zwei der evangelischen Schwestern standen
als Nachbarn nahe dem Sarg. Als der Geistliche
die Totengebete sprach, faßte er all seinen besten
Willen zusammen, „Requiescat in pace“ —
Ruhe in Frieden — er sagte es nicht nur für den
Dahingegangenen, er sagte es für das ganze Haus
und schloß die schwarze Frau darein. Er sprengte
das Weihwasser kräftig aus — auch in der Rich
tung gegen den Tenn hin.
Andächtig bewegte sich der Menschenzug zum
Friedhof. So hatten die Leute noch nie gebetet.
Sie waren alle, alle eines guten Willens, sie de
mütigten sich vor Gott und wünschten innig, der
Jammer möge enden, die Toten mögen in Frie
den ruhen!
Und seit jenem Unglück, seit jenem Leichensegen,
seit jenem Leichenbegängnis, ist wieder Ruhe auf
dem Hof.
Humor
In der Hitze des Gesprächs
„Darf man fragen, wie alt Sie sind, Fräulein
Vera?"
„Dreiundzwanzig Jahre!"
„Und Ihre jüngere Schwester?"
„Die ist sechsundzwanzig!"
Eine Perle
„Kann ich den Herrn Direktor sprechen?"
„Worum handelt es sich?"
„Ich habe hier eine Rechnung "
„Der Herr Direktor ist gestern aufs Land ge
reist!"
„ die ich bezahlen wollte!"
„Aber er ist heute früh zurückgekommen! Bitte
treten Sie doch näher!"