Volltext: Österreichischer Volkskalender 1936 (1936)

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Erzählung von Z. I. Biersack 
Der Winter ist im Land; in den Acker stieg er, 
in die Wiese schloff er, auf Weg und Steg hielt er 
Rast. Weiß ist die Welt und auf der Einöd ist's 
noch stiller als sonst im Jahr. 
Langsam zieht der Tag herauf über die Hügel, 
wie ein gar Mühseliger, und der Morgen ist 
düster und die Flocken fallen ihm auf die graue 
Haube. 
Der Einöder auf dem Berg ist schon munter, 
tappt durch die finstere Fletz und stemmt sich wi 
der die Tür; denn die Schneewehen legen sich von 
draußen schwer dagegen. „Kalt und Schnee", 
schnauft er, „gibt Korn auf der Höh'" und mit 
einem Ruck tritt er auf die Gred heraus. 
Die Flocken rieseln ihm ins Gesicht und der 
Wind bläst grausig her. „Schön!" sagt er, schau 
felt den gröbsten Schnee vom Eingang und schaut 
dann ins Tal hinunter. Weit und breit nichts 
als weiße Flächen. 
Krähen fludern auf, schreien und steigen ins 
Land hinein mit schweren Flügeln. 
Wie auf der Wanderschaft stecken geblieben, hot 
ten die Kronwittstauden mit dicken, weißen Män 
teln am Hang; nur die Föhren stehen da wie 
rechte Mannsleut mit ihrer weißen Last. 
Mittendrein glänzt das Gesicht des Bauern; sein 
Blick geht auf den Zaun zu, wo ein Büschel Heu 
in den Sprossen hängt. „Christkindlheu!" sagt er 
leis und nimmt es weg; dann sucht er noch mit 
der Hand den überschneiten Balken ab und fin 
det auch ein Bröcklein Zucker. Schnell zerstört er 
die Spuren im Schnee, tummelt sich ordentlich da 
bei und schleicht darauf wie ein Fuchs ins Haus 
zurück. 
Gerade sieht er noch, wie eine Hand von drinnen 
ans verwehte Fenster wischt, wie eins herausäugt 
aus der Kammer. „Die Leni . . .!" schnauft er 
auf. Da ist er aber schon drinnen. 
Die Leni, die Tochter, rüttelt nun das Fenster 
ganz auf, schaut noch einmal zum Zaun hinüber 
und lächelt. Die hellen Haare hängen ihr schim 
mernd auf die schmalen Schultern herab. 
Da rührt sich auch schon der Bub. 
„Leni! . . . Leni!" 
„Da bin ich!" 
Der Toni reibt sich den Schlaf aus den Augen 
und fragt dann schnell: „Leni, kimmt heut' 's 
Christkindl?" 
„Ja, Toni, heut' auf die Nacht!" 
Seine Augen funkeln; da fällt es ihm ein und 
er hüpft aus dem Bett und rennt an das Fenster. 
„Leni!" sagt er aufgeregt, „ich seh' kein Bröserl 
Heu nimmer!" 
„Und den Zucker seh' ich auch nimmer", stam 
melt er erschüttert. 
„Den hat halt 's Christkindl mitg'numma!" 
„Und 's Heu?" 
„'s Heu auch, natürli 's Heu auch, fürs Eserl!" 
„Uh!" schreit der Bub zitternd, „das Christ 
kindl ..." 
Blaß steht die Leni da. Wenn sie redet, muß 
sie mitunter husten und ihr Lachen ist klein und 
dünn, viel dünner noch, als ihre schmalen, bleichen 
Hände; nur die Augen sind voll Licht und Leben. 
„Freust dich auch, gelt?" fragt der Bub. 
„Ja!" sagt sie und denkt mit eins weit fort. 
Während sie den Buben wäscht und anzieht, zit 
tert ihr Körper. Tränen steigen ihr in die Augen
	        
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